Gespräch des Tages

BVR - Kraftvoller Auftritt

Wie gut es sich aus einer Position der Stärke heraus doch schimpfen lässt! Genau das tun die per Ende vergangenen Jahres 1138 genossenschaftlichen Ortsbanken, genauer gesagt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), derzeit nämlich mit Nachdruck. Auf Basis guter Geschäftszahlen dürfen dann auch die Forderungen an nationale und internationale Politik etwas direkter ausfallen als bislang. Dass die Verbandsspitze bei bekanntem Lamento hinsichtlich Einlagensicherung, fehlender Regulierung im Schattenbanksystem und notwendiger Verbindlichkeit der Haushaltsdisziplin besonders auf der nationalen Seite deutlich schärfere Töne anschlägt, zeugt von gelebtem, dezentralem Pragmatismus: Um die nach der Commerzbank-Rettung in den Staatskassen klaffenden Löcher wieder aufzufüllen, müssten "vielleicht werthaltigere Bestandteile des Konzerns" zum Verkauf gestellt werden, als es momentan die Eurohypo darstelle.

Aber auch WestLB, IKB Deutsche Industriebank und Hypo Real Estate stellt der BVR an den Pranger, weil durch sie der Wettbewerb schon zu lange und zu dreist verzerrt werde. Sicherlich auch um die gegenwärtige Position noch eine Weile zu sichern, legt der genossenschaftliche Spitzenverband sogar nahe, etwa nach dänischem Beispiel den vom Staat geretteten Instituten den Wettbewerb mit gesunden Banken zu verbieten: Die Wirkungen eines Marktaustritts könnten gerade in einem Markt mit intensivem Wettbewerb durchaus positiv gesehen werden, heißt es dazu. Mehr als ein frommer Wunsch wird dies allerdings aufgrund mangelnder Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis kaum sein können. Denn welches Geschäft genau sollten HRE & Co. dann betreiben dürfen?

Auch wenn die Bundesregierung also kaum direkt auf solche Anregungen eingehen wird - ein solch kraftvoller Auftritt zeichnet nach außen ein deutlich präsentes und profiliertes Bild des Verbands und der genossenschaftlichen Bankensäule gleichermaßen.

Basis für das nach außen demonstrierte Selbstvertrauen sind zum einen die durchweg ordentlichen Geschäftszahlen des zurückliegenden Jahres. Ganz kurz: Deutliches Ertragsplus, Cost Income Ratio verbessert, Jahresüberschuss um 42,3 Prozent über Vorjahresniveau (mehr zum Ergebnis 2010 siehe Bilanzen in diesem Heft). Zum Zweiten attestiert man sich selbst eine gute allgemeine Gesundheit. Größere Schieflagen gibt es verbundweit nach der Stützung und laufenden Sanierung der Düsseldorfer Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) nämlich keine zu verzeichnen. Vom BVR begleitet und unterstützt werden derzeit rund 20 bis 30 Institute, bei denen es sich aber (noch) nicht um Schieflagen handele. Das entspricht, so fügt der Verbandsvorstand noch hinzu, in etwa der "normalen" Anzahl.

Fusionen stünden daher auch keine an, zumindest bestehe keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit dazu. Dass es mitunter sehr wohl andere Gründe gibt, etwa im Hinblick auf die Kosten der Umsetzung regulatorischer Anforderungen, dürfte weniger den derzeitigen Erfolg des Genossenschaftsmodells in Frage stellen als die Zweckdienlichkeit so manchen Vorhabens, das als (Kurz-schluss-)Reaktion aus Berlin und als (übertriebene) Homogenisierungsbemühung aus Brüssel derzeit auf die dezentralen Verbünde einprasselt.

Verhalten optimistisch muss dabei der weitere Fortgang des laufenden Jahres betrachtet werden. Dass dieser nicht ganz ohne Rückgänge im Ertragswachstum ausgehen wird, bedarf angesichts der zinslastigen Aufstellung der Primären keiner großartigen vorherseherischen Fähigkeiten. Weil in den kommenden Monaten eine Zinswende sicherlich zu erwarten ist, werden sich auch die Erträge aus dem entsprechenden Geschäft aufgrund schlechterer Bedingungen bei der Fristentransformation nicht mehr so vorteilhaft entwickeln, wie es im "Boomjahr" 2010 der Fall war. Im Resultat erwartet man in der Genossenschaftsorganisation einen Rückgang des Zinsüberschusses von rund einer Milliarde Euro, in etwa also auf das Niveau des Jahres 2009. Zudem gilt es für die Bankengruppe, sich auf einen wieder aggressiveren Konditionenwettbewerb der Konkurrenz und auf einen gemeinhin eher wachsenden Risikoappetit der Anleger einzustellen. Unter anderem Depot-A- und Refinanzierungsanpassungen sowie weitere Kostensenkungen in der Verwaltung sollen daher für eine weiterhin gute Gesundheit und ein gutes Selbstvertrauen sorgen - damit der Auftritt auch 2011ff. ein kraftvoller bleibt.

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