Aufsätze

Beratung mit Prozessunterstützung

Die Sparda-Bank Nürnberg pflegt ausschließlich das Privatkundengeschäft. Mit einer Bilanzsumme von 3,3 Milliarden Euro und zirka 200000 Kunden repräsentiert sie eine Sparda-Bank von mittlerer Größe. Von den Kunden sind über 80 Prozent auch Mitglieder der Genossenschaft und führen in aller Regel ihre Hauptbankverbindung bei der Bank. Ganzheitliche Beratung ein pauschal benutzter Begriff Bevor man sich dem Thema "Beratung mit Prozessunterstützung" nähern kann, gilt es erst einmal zu klären, was unter Beratung oder ganzheitlicher Beratung zu verstehen ist. Wenn man untersucht, wie heute diese Begrifflichkeiten in der Finanzdienstleistungsbranche verwendet werden, ist festzustellen, dass es sich um eher pauschal benutzte Begriffe ohne allgemein akzeptierte Definitionsinhalte handelt. Vermutlich würden fast alle Wettbewerber im filialgestützten Retailbanking heute grundsätzlich von sich sagen, dass sie einen ganzheitlichen Beratungsumsatz in der einen oder anderen Form praktizieren. Ob dem tatsächlich so ist, sei dahingestellt. Wie wollen Kunden beraten werden? Es gibt heute viele Stimmen, die sagen, dass sich die meisten Bankgeschäfte mittlerweile über das Internet abschließen lassen und dass die Kunden dies auch so wollen. Persönliche Beratung würde damit zunehmend obsolet werden. Die Sparda-Bank Nürnberg würde diese Aussage so pauschal nicht unterschreiben. Es stimmt zwar, dass sich immer mehr Retailgeschäfte im Internet abwickeln lassen. Aber ein Großteil der Kunden, Internet hin oder her, wünscht nach wie vor eine persönliche Beratung beziehungsweise ist in vielen Bedarfssituationen darauf angewiesen. Darüber hinaus erwarten die Kunden, bei aller Flexibilität der Technikangebote, gleichzeitig wieder mehr Individualität im Bankgeschäft; das heißt, je höher einerseits die Anonymität in den Netzen steigt, umso mehr sucht der Kunde andererseits im direkten Kontakt mit seiner Bank beziehungsweise seinem Berater wieder die persönliche Individualität. Dem muss die Bank gerecht werden. Kunden sind heute aufgeklärter, besser informiert und selbstbewusster als früher. Durch die Auswirkungen der Finanzkrise ist gleichzeitig das Vertrauen in die Banken gesunken. Auch wenn die Sparda-Banken dazu vielleicht nichts können, so müssen sie dies trotzdem zur Kenntnis nehmen und sich den Auswirkungen auf den Kundenkontakt stellen. Um das Vertrauen wieder zu festigen und den Kunden im konkreten Erlebnis zu zeigen, dass Sparda-Banken anders sind, bedarf es aktiver und erlebbarer Kundenorientierung: in der Produktpolitik, in der Konditionenpolitik, der Kommunikation und vor allem in der Beratung. Wenn die Kunden zu ihrer Bank gehen, sollen sie davon überzeugt sein, dort die richtigen und für sie passenden Lösungen für ihre finanziellen Fragestellungen zu finden. Sie müssen im konkreten Beratungsprozess erleben, dass ihnen (Problem-)Lösungen angeboten werden, die ihren persönlichen Bedarf in den Vordergrund stellen. Ziel ist es, den Kunden eine klare und nachvollziehbare Orientierung zu bieten. Die oft hohe Komplexität aus der Materie "Finanzanlagen" herausnehmen, ist die Devise. Als mengenkundenorientierte Bank steht die Sparda-Bank Nürnberg hier vor besonderen Herausforderungen. Sie will den Wünschen der Kunden und dem eigenen, aus dem genossenschaftlichen Gedankengut entwickelten Selbstverständnis von kundenorientierter Beratung in jedem Kundengespräch gerecht werden. Andererseits bestehen natürlich auch betriebswirtschaftliche Zwänge, da bekanntermaßen die Erträge aus dem Einzelgeschäft, gerade im mengenorientierten Retailbanking, eher gering sind. Für eine Bank, die sich als Preisführer sieht, gilt dies zumal. In der Lösung dieser Herausforderungen liegt der Leitgedanke einer integrierten prozessgestützten Beratung. Integrierte, prozessgestützte Beratung als Lösung Vor nunmehr fast zehn Jahren haben die Sparda-Banken als Gruppe damit begonnen, sich systematisch mit dieser Problemstellung zu beschäftigen. Auf der Basis eines leistungsfähigen, vertriebsorientierten Data-Warehouses wurden in den letzten Jahren sowohl in der konkreten Beratungsunterstützung als auch in der Realisierung eines integrierten Multikanalvertriebs wichtige Schritte nach vorn gemacht. Für alle wesentlichen Beratungsprozesse im klassischen Retail-Banking wurden klar strukturierte Beratungsprozesse entwickelt. Vertriebsorientierte IT ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel. Dabei ist ein kundenorientiertes Vertriebsleitsystem für das standardisierte Mengengeschäft entstanden. Konkret werden dabei einzelne Beratungsbausteine und Vertriebswege zu einem ganzheitlichen Beratungsangebot für den Kunden kombiniert und integriert. Die wichtigsten Anforderungen in deren Entwicklung waren höchste Beratungsqualität und Individualität der Kundenlösung. Gemäß der genossenschaftlichen Beratungsphilosophie wollen die Sparda-Banken jedem Kunden die bestmögliche Beratung anbieten und zwar mit gleichbleibend hoher Qualität in jedem einzelnen Gespräch, unabhängig davon, wann und wo und durch wen dieses stattfindet. Dies lässt sich nur durch bankeinheitliche, klar strukturierte Beratungsprozesse erreichen. Der Einsatz von vertriebsorientierter IT kann hier nachhaltig unterstützen. Persönliche Situation und Lebensplanung Ein Beispiel: Tagtäglich kommen Kunden in die Filialen mit dem konkreten Wunsch, einen Riester-Vertrag abzuschließen. Meistens ohne genaue Vorstellung davon, ob ein Riester-Vertrag tatsächlich die richtige Art der Altersvorsorge für sie persönlich ist oder ob es andere, passgenauere Möglichkeiten für ihren Wunsch nach Zukunftssicherung gibt. Die Aufgabe besteht nun darin, in einem strukturierten Beratungsgespräch genau diese Fragen gemeinsam mit dem Kunden zu klären; das heißt im Rahmen einer umfassenden Analyse die konkrete Kundensituation und seine Zielsetzungen abzuklären, um, darauf aufbauend, letztlich das richtige Angebot machen zu können. Dabei wird ein IT-gestützter vertrieblicher Prozess als Beratungsunterstützung genutzt (Abbildung). Gerade im Bereich der Altersvorsorge ist es wichtig, die persönliche Situation und Lebensplanung des einzelnen Kunden von Anfang an zu berücksichtigen. Dies geschieht, indem der IT-gestützte Beratungsprozess den Berater und Kunden vor jeder Angebotsunterbreitung gezielt zur Klärung dieser entscheidenden Fragen führt. Lebt der Kunde allein oder hat er Familie? Wie sind seine Einkommensverhältnisse? Wie wichtig sind ihm zum Beispiel die Absicherungen seiner Familie, seines Lebensstandards, seiner Arbeitskraft, die finanzielle Unabhängigkeit im Alter? Erst wenn dazu die persönlichen Angaben des Kunden vorliegen, wird auf Basis eines hinterlegten Entscheidungstableaus dem Kunden ein Produkt oder besser eine Lösung angeboten. Für die Mitarbeiter gibt es keine Vorgaben, welches Produkt sie im Rahmen der kundenindividuellen Problemlösung verkaufen sollen. Der IT-gestützte Beratungsprozess ist eine Hilfe sowohl für den Berater als auch die Kunden, die bedarfsgerechte Lösung zu finden. Die Kundenreaktionen auf diese gemeinsame, nachvollziehbare Vorgehensweise sind außerordentlich positiv. Und - auch die Berater sind dankbar, dass sie nicht mehr an jedes Ablaufdetail denken müssen. Sie können sich stattdessen voll und ganz auf den Kunden konzentrieren. Die Beratungskompetenz des einzelnen Kundenberaters steigt somit objektiv, aber vor allem auch in den Augen des Kunden. Mit der IT-gestützten Prozessmodulation werden Prozesse der Analyse, der Angebotsfindung und des letztendlichen Produktabschlusses in der Kundenberatung unterstützt. Eine klare, übersichtliche und kundenindividuelle Prozessunterstützung in der Beratung hat sowohl für die Kunden als auch für die Bank klare Vorteile: - Sie sichert einen hohen und bankeinheitlichen Beratungsstandard im Sinne eines klar strukturierten Gesprächsverlaufs und einer gleichbleibend hohen Qualität der Beratung. - Alle Beratungsschritte sind so modelliert, dass sie kundenindividuell und dialogorientiert und transparent gemeinsam mit dem Kunden durchlaufen werden. Die Beratungsplätze sind alle so ausgestaltet, dass Berater und Kunde immer gleichzeitig auf den PC-Bildschirm schauen können. Jeder Schritt des Gesprächs wird so unmittelbar nachvollziehbar. - Alle Beratungsvorschläge und Beispiel- und Modellrechnungen sind nicht allgemein gehalten, sondern immer individuell auf den konkreten Kunden bezogen. So erhalten die Kunden immer auf sie abgestimmte und für sie auf Grundlage ihrer Zielsetzungen nachvollziehbare Angebote. Diese werden systemisch durch integrierte Produktinformationen, erläuternde Texte, Bilderwelten und einfache grafische Modellrechnungen unterstützt. - In die Entscheidungsfindung wird (durch systemseitige Einstellungen) immer das gesamte bedarfsrelevante Produkt- und Leistungsangebot einbezogen. - Der Prozess deckt alle formellen und rechtlichen Anforderungen ab (zum Beispiel Dokumentation des Beratungsgesprächs). - Der Kunde erhält nach jedem Gespräch eine umfassende Unterlage, aus der sowohl das Angebot, aber vor allem die Gründe, warum dieses Angebot unterbreitet wurde, transparent wird. So wird im Beratungsgespräch zunehmend "Orientierung" für den Kunden geschaffen. Ohne IT-Unterstützung im Vertrieb kein Multikanalvertrieb Bei der heutigen Vielzahl an gesetzlichen Anforderungen an die Inhalte der Beratung, den geforderten Kundeninformationen, den auszuhändigenden Unterlagen und Beratungsdokumentationen empfinden es die Kundenberater als sehr große Erleichterung, wenn sie mit Systemen und in Beratungsprozessen arbeiten können, die sie zu den erforderlichen Fragen und Hinweisen führen und an die Aushändigung von Kundenunterlagen erinnern. Sie können sich so auf die bankfachlichen Inhalte und die kundenorientierte Gesprächsführung konzentrieren statt auf die formalen Anforderungen. Das bisherige filialorientierte Banking wird immer mehr zum Multivertriebskanalbanking. So haben zwar nach wie vor über 80Prozent der Kunden der Sparda-Bank Nürnberg mindestens einmal pro Monat Kontakt zu der Bank, allerdings zu einem immer geringeren Teil filialorientiert. Sie nutzen vielmehr die gesamte Breite des Vertriebsangebotes: Filiale, SB-Bereiche, Telefonbanking und vor allem zunehmend das Internetbanking. Interessant ist dabei, dass die Kontakt- und Kommunikationsfrequenz der Internetkunden zur Bank deutlich über der der Filialkunden liegt. Durchschnittlich hat heute jeder Netbanking-Kunde zirka zweimal die Woche Kontakt zur Bank - persönlich oder medial. Allerdings hat der direkte Mensch-zu-Mensch-Kontakt bei allen Kunden (auch den primär filialorientierten) nachgelassen. Die große Masse der Kunden ist heute in der Wahl des Kontaktes zu ihrer Bank multioptional. Die Sparda-Banken reagieren auf dieses veränderte Kundenverhalten und setzen dies in der vertrieblichen Ausrichtung um. Sie stellen sich dem Wettbewerb sowohl als "Direktbank" als auch als "Filialbank". Sie wollen den Kunden eine hohe (Beratungs-) Qualität im Filialvertrieb, aber auch in den medialen Vertriebswegen, speziell im Telefonbanking und im Internet, bieten. Der Anspruch lautet: gute Konditionen und hervorragende Beratung. Dabei werden konsequent die Synergiepotenziale der einzelnen Vertriebswege und die heutigen Möglichkeiten einer vertriebsorientierten IT genutzt. Beratung und Vertrieb ist nicht nur über die Filiale möglich und notwendig, sondern auch über die medialen Vertriebswege. Filiale als Rückgrat In der Steuerung der Vertriebswege bleibt, bei aller Technik, die Filiale das vertriebliche Rückgrat der Bank. In komplexeren Beratungs- und Lebenssituationen, die eine finanzielle Neuorientierung erfordern, wird der private Kunde auch in Zukunft den Weg zu seinem Berater suchen. Neben der Filiale ist heute, und in stark wachsendem Maße, das Internet wichtigster Vertriebskanal. Allerdings wird das Internet aktuell noch primär zu oft als reiner Transaktionskanal genutzt. Die vertriebliche Zielsetzung lautet: vom Informations- und Transaktionskanal zum vollwertigen Vertriebskanal. Dies erfordert, dass die wesentlichen Kernprozesse, Produktabschlussmöglichkeiten und Akquisitionsansätze allen Kunden, soweit wie möglich und sinnvoll, auch über das Netz angeboten werden können. In diese Richtung haben die Sparda-Banken in den letzten Jahren sehr deutliche und sehr ermutigende Schritte unternommen. An dieser Stelle nur soviel dazu: Internetvertrieb ist etwas anderes als Filialvertrieb - sowohl in der Zielsetzung als auch in der Prozessgestaltung. Vertrieb im Internet ist ohne einen ausgereiften, die besonderen Gegebenheiten des Internets berücksichtigenden IT-gestützten Beratungs- und Vertriebsprozess, nicht oder nur bei den einfachsten Produkten möglich. Gerade durch die langjährigen Erfahrungen mit der IT-Unterstützung im Filialvertrieb sieht sich die Sparda-Banken Nürnberg aber auch hier für die Zukunft als sehr gut gerüstet. Mit der in ein Multivertriebskanalmodell eingebetteten Kundenbindungs- und Beratungsphilosophie möchte sie erreichen, dass möglichst viele der Kunden möglichst viele ihrer Bankgeschäfte über die Sparda-Bank Nürnberg abwickeln beziehungsweise bei ihr nachfragen. Die überdurchschnittlichen Cross-Selling-Zahlen und die den Sparda-Banken von externen Marktforschungsinstituten Jahr für Jahr bestätigte höchste Kundenzufriedenheit bestärkt in dem Glauben, dass die Bank auf einem guten Weg ist.

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