Aufsätze

Basel III und weitere Regulierungsvorhaben des Baseler Ausschusses

Bei den Kernpunkten des neuen Baseler Akkords, dem neuen Kapitalbegriff und den verschärften Regeln für die Berechnung der Risikoaktiva, gibt es kaum noch offene Punkte. Auch die noch zu klärenden Fragen bei den Kapitalpuffern, Liquiditätskennziffern und der Verschuldungsquote lassen sich relativ rasch abhandeln. Etwas ausführlicher wird daher auf das Thema "Beaufsichtigung von systemisch relevanten Instituten" sowie das weitere Arbeitsprogramm des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht eingegangen.

Eigenkapitaldefinition

Im Bereich der neuen Eigenkapitaldefinition sind auf internationaler Ebene alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Der neue Kapitalbegriff bedeutet qualitativ hochwertigeres Eigenkapital, aber auch eine einfachere und transparentere Kapitalstruktur:

- Die Drittrangmittel, also die kurzfristigen Kapitalbestandteile, die nur für die Unterlegung der Marktrisiken genutzt werden können, entfallen ersatzlos. Sie haben allerdings in Deutschland auch praktisch keine Rolle gespielt.

- Die Unterteilung des Ergänzungskapitals in Elemente erster und zweiter Klasse entfällt ebenfalls, ist aber unter der Zielsetzung der neuen Eigenkapitalregeln hinnehmbar.

- Materiell bedeutender ist dagegen der Wegfall aller sogenannten "innovativen Hybridkapitalelemente", also der Finanzinstrumente, die mit einem Anreiz zur vorzeitigen Rückzahlung ausgestattet sind.

Im Ergebnis wird es künftig also nur noch hartes und zusätzliches Kernkapital (Haftung im going concern) sowie Ergänzungskapital (Haftung im gone concern) geben. Die neuen Kapitalbestandteile müssen eine Reihe von Kriterien erfüllen, die im Kern auf die zentralen Eigenschaften volle Verlustteilnahme, dauerhafte Bereitstellung und effektive Einzahlung abzielen. Insgesamt handelt es sich um 37 Kriterien, von denen jeweils 14 das harte und das zusätzliche Kernkapital und neun das Ergänzungskapital betreffen.

Im Januar dieses Jahres wurde eine weitere Anforderung aufgenommen, die noch nicht Gegenstand der Rahmenvereinbarung zu Basel III im Dezember 2010 war. Hintergrund für diese Ergänzung ist die Beobachtung aus der Finanzkrise, dass in einigen Fällen der Steuerzahler in Anspruch genommen wurde, während die Investoren in hybride Kern- und Ergänzungskapitalteile ungeschoren davongekommen sind. Dem soll in Zukunft dadurch begegnet werden, dass der "gone concern"-Fall (bei dem unter Basel III Gläubiger des zusätzlichen Kern- und des Ergänzungskapitals haften) sozusagen vorverlegt wird. Das zusätzliche Kern- und das Ergänzungskapital haften künftig also bereits, wenn die Bank aus eigener Kraft nicht mehr überlebensfähig ist, im Baseler Sprachgebrauch der "point of non-viability" eintritt. Dieser Punkt ist in jedem Fall eingetreten, wenn ein Institut staatlich gestützt wird.

Folgenschwerer als die strengeren Kriterien an die Kapitalelemente sind allerdings die neuen Abzugsregeln. Zum einen gibt es eine Reihe von neuen Abzugsposten (zum Beispiel aktive latente Steuern), zum anderen werden diese Abzugsposten künftig ausschließlich vom harten Kernkapital abgezogen. Bisher konnten Abzüge zulasten des gesamten Kernkapitals (zum Beispiel immaterielle Vermögensgegenstände) oder gar hälftig vom Kern- und Ergänzungskapital (zum Beispiel Wertberichtigungsfehlbetrag bei IRB-Banken) vorgenommen werden.

Risikogewichtete Aktiva

Bereits das Reformpaket des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vom Juli 2009 hat fast eine Verdreifachung der regulatorischen Kapitalanforderungen im Handelsbuch zur Folge. Durch diesen ersten Schritt steigt die Eigenmittelunterlegung der handelsaktiven Häuser insgesamt um etwa 15 Prozent. Das endgültige Regelwerk vom Dezember 2010 führt zusätzlich eine neue Risikogewichtsfunktion für Forderungen gegenüber großen Banken und Versicherungen (ab Bilanzsumme 100 Milliarden US-Dollar) sowie Hedgefonds ein. Die Eigenmittelanforderungen für Forderungen gegenüber diesem Kundenkreis werden sich damit schätzungsweise um 35 Prozent erhöhen, da ein zentraler Risikoparameter, die sogenannte Asset-Value-Korrelation, um 25 Prozent heraufgesetzt wird.

Stark angehoben wird auch die Unterlegungspflicht für das Ausfallrisiko der Gegenpartei im Bereich der OTC-Derivate. Bei den großen deutschen Häusern, die auf diesem Gebiet aktiv sind, werden sich die Anrechnungsbeträge bei den Gegenparteirisiken mehr als verdoppeln; dies bedeutet für das regulatorische Mindestkapital insgesamt ein Plus von knapp fünf Prozent.

Nach dem Willen der G20-Regierungschefs soll das Derivategeschäft künftig stärker über die Einschaltung einer Zentralen Gegenpartei (Central Counter Party, CCP) abgewickelt werden. Der Baseler Ausschuss will auch hierzu einen Beitrag leisten und dafür Sorge tragen, dass die Eigenmittelanforderungen im Falle der Einschaltung eines CCP günstiger ausfallen als bei einem vergleichbaren OTC-Geschäft. Daher werden normale Forderungen aus Handelsgeschäften gegenüber der Zentralen Gegenpartei nur zu zwei Prozent anzurechnen sein. Gegenwärtig überarbeitet die zuständige Arbeitsgruppe des Baseler Ausschusses aber noch die Eigenmittelanforderungen für Einzahlungen von Banken in den Haftungsfonds eines CCP.

Die Risikogewichtung liegt nach dem Rahmenwerk derzeit bei 20 Prozent bis hin zum Abzug. Hier dürfte es jedoch noch zu merklich günstigeren Anrechnungsätzen kommen, da das Netting und die kurzen Laufzeiten der Exposures stärkere Berücksichtigung finden sollen.

Die wesentlichen Auswirkungen von Basel III auf das Eigenkapital, die risikogewichteten Aktiva und die Kapitalquoten lassen sich nach unseren Auswirkungsstudien wie folgt zusammenfassen: Der Anstieg der Risikoaktiva betrifft in Europa praktisch nur die großen Häuser, das heißt bei den sogenannten Gruppe-1-Banken beträgt er etwas weniger als ein Viertel; kleinere Kreditinstitute sind so gut wie nicht betroffen.

Auswirkungen auf die Kapitalausstattung und -quoten

Gleichmäßiger verteilt sind dagegen die Auswirkungen auf die Kapitalquoten. Durch die neue Behandlung der Abzugspositionen halbiert sich die Quote für das harte Kernkapital der Gruppe-1-Banken; bei den kleineren Instituten liegt der Rückgang zwischen 25 und 35 Prozent.

Gemessen am europäischen Durchschnitt schneiden die großen deutschen Kreditinstitute schlechter und die kleinen besser ab. Die Differenz liegt bei jeweils gut einem Prozentpunkt.

Kapitalpuffer

Bei den Kapitalpuffern haben wir einen sehr unterschiedlichen "Reifegrad" der Regelungen. Für den fixen Puffer, also den sogenannten Kapitalerhaltungspuffer, sind alle wichtigen Aspekte geklärt. Er wird 2,5 Prozent betragen, ab 2016 stufenweise eingeführt und ist in Form von hartem Kernkapital zu halten. Ein Institut, das dieses Kapitalpolster angreift, muss Einschränkungen bei der Gewinnausschüttung hinnehmen. Diese grundsätzlichen Eckdaten gelten auch für den antizyklischen Kapitalpuffer, mit zwei Ausnahmen:

- Im Hinblick auf die Kapitalelemente, aus denen der Puffer gebildet werden darf, ist offen, ob auch "Contingent Capital" zulässig ist.1) Zumindest formal existiert hier noch ein Prüfungsauftrag. Im Baseler Ausschuss besteht jedoch eine starke Tendenz, nur hartes Kernkapital zuzulassen.

- Die Höhe des antizyklischen Polsters ist nicht fest vorgegeben, sondern soll im Konjunkturverlauf schwanken und damit antizyklisch wirken. Allerdings soll der Puffer nur in besonders begründeten Ausnahmefällen höher als 2,5 Prozent festgesetzt werden.

Grundsätzlich werden für diesen Puffer makroökonomische Parameter herangezogen, um den Konjunkturverlauf und daraus folgend die Höhe des Zuschlags zu bestimmen. Als Messgröße dient hier insbesondere die Relation des Wachstums von Kreditvolumen und Sozialprodukt im Verhältnis zum langfristigen Trend. Fraglich ist aber, ob dies ausreicht. In Deutschland jedenfalls muss man feststellen, dass eine Steuerung allein durch diese Relation regelmäßig zu spät greift, das heißt, erst lange nach Durchlaufen der konjunkturellen Wendepunkte wirksam wird. Jedes Land hat allerdings nach den Baseler Regeln das Recht, die antizyklischen Eigenschaften des Polsters durch Hinzufügen zusätzlicher Variablen zu verbessern. Die Bundesbank führt Proberechnungen durch, um zu klären, ob marktbasierte Parameter (zum Beispiel Credit Spreads bei CDS und Anleihen) die Ergebnisse verbessern.

Liquiditätskennziffern

Die kurzfristige Liquidity Coverage Ratio (LCR) stellt den Bestand an fest definierten hochliquiden Aktiva einer Bank den Nettozahlungsabflüssen unter Stressbedingungen gegenüber. Der Bestand an hochliquiden Aktiva muss ausreichen, um die über die nächsten 30 Tage kumulierten Nettozahlungsabflüsse abzudecken (Abbildung 1).

Als hochliquide Aktiva gelten neben Staatspapieren (sogenannte Level-I-Aktiva) auch Level-II-Aktiva, das heißt bonitätsmäßig erstklassige Papiere privater Emittenten sowie gedeckte Schuldverschreibungen. Sie dürfen bis zu 40 Prozent der hochliquiden Vermögenswerte insgesamt ausmachen.

Die wichtigste verbleibende Aufgabe ist es derzeit, die Definition der hochliquiden Aktiva abzuschließen. Level-II-Aktiva müssen ein Mindestrating von AA- aufweisen und Anforderungen an die Marktliquidität erf üllen. Als mögliche Indikatoren hierfür werden zum Beispiel maximale Preisabschläge von zehn Prozent in einem Zeitraum von 30 Tagen sowie umsatzstarke Repomärkte diskutiert. Methodisch und empirisch fragwürdige Messzahlen, wie zum Beispiel eine maximale Geld-Brief-Spanne, konnten als zwingende Vorgabe verhindert werden.

Die langfristige Liquiditätskennzahl, die Net Stable Funding Ratio (NSFR), stellt den Bestand an stabilen Refinanzierungen dem Bedarf gegenüber. Der Betrachtungszeitraum ist ein Jahr. Die Abschlussarbeiten an der NSFR beinhalten insbesondere die Behandlung unterjährig auslaufender Positionen. Im Rahmen der Konsultation hatte die Industrie den Wunsch nach einer etwas ausgewogeneren Behandlung geäußert. Unterjährig auslaufende Positionen sollen nun nicht mehr schlagartig aus der Betrachtung herausfallen, sondern es wird eine nach Quartalen abnehmende Anrechnung konstruiert.

Beide Liquiditätskennziffern stehen unter einem grundlegenden Prüfungsvorbehalt in den Jahren 2013 beziehungsweise 2016, wenn die Ergebnisse neuer Auswirkungsstudien vorliegen. Sollten sich grundsätzliche Probleme zeigen, müsste man über Konstruktion und Kalibrierung der Kennzahlen, insbesondere der NSFR, neu nachdenken. Die Arbeitsgruppe wird hierzu auch Gespräche mit der Industrie über ungewollte Auswirkungen dieser Kennziffern führen. Wenn die Kennziffern bereits heute einzuhalten wären, läge der Erfüllungsgrad bei den "großen Banken" in Bezug auf die LCR bei zirka 83 Prozent und bei der NSFR bei zirka 93 Prozent. Die Gruppe-2-Banken schneiden bei der Liquidität durchweg besser ab (G20 Gruppe 2: LCR 98 Prozent, NSFR 103 Prozent). Diese Durchschnittszahlen weisen allerdings beträchtliche Schwankungsbreiten auf.

Verschuldungsquote

Die technische Ausgestaltung der Verschuldungsquote steht für den Beobachtungszeitraum bis Ende 2017 fest: Das Kernkapital im Zähler wird ins Verhältnis gesetzt zur Gesamtposition im Nenner, wobei die Gesamtposition aus Bilanzaktiva und außerbilanziellen Geschäften besteht.

Erst am Ende der Testphase werden sich die zwei wirklich entscheidenden Fragen beantworten lassen:

- Erfüllt die Verschuldungsquote die Anforderungen an Aussagekraft und Zuverlässigkeit, die an eine verbindliche Kennzahl gestellt werden müssen?

- Wie muss eine sachgerechte Kalibrierung aussehen?

Das Regelwerk sieht derzeit eine Mindesthöhe der Verschuldungsquote von drei Prozent des gesamten Kernkapitals vor. Noch ungeklärt ist, ob die Kennzahl bei dieser Kalibrierung ihre "Back-Stopp"-Funktion erfüllen kann, das heißt, ob sie in wirtschaftlich guten Zeiten mit niedrigen Ausfallwahrscheinlichkeiten eine risikounabhängige Mindesthöhe der Kernkapitalausstattung garantiert.

Auf Basis der Daten vom Jahresende 2009 erfüllen zirka 40 Prozent der Gruppe-1-Banken und zirka 20 Prozent der Grup-pe-2-Banken im G20-Raum die Zielmarke von drei Prozent noch nicht (bei Zugrundelegung der neuen Eigenkapitaldefinition). Da aber die Kapitalausstattung der Banken zur Erfüllung von Basel III ansteigen wird, verbessert sich auch der Erfüllungsgrad der Verschuldungsquote mit der Zeit. Daraus folgt nicht, dass auch alle Banken, die am Ende des Übergangszeitraums die neuen Mindestkapitalanforderungen erfüllen, gleichzeitig auch die neue Verschuldungsgrenze einhalten. Obwohl die Institute gemäß der risikogewichteten Eigenmittelvorschrift noch über "freies Eigenkapital" verfügen, könnten sie dieses nicht zur Kreditvergabe verwenden, da sie die maximale Verschuldungsgrenze überschreiten. Man wird Konstruktion und Kalibrierung der Verschuldungsquote bis 2017 also noch gründlich überprüfen müssen.

Beaufsichtigung systemisch relevanter Banken

Bei der Beaufsichtigung der "Systemically Important Financial Institutions" ("SIFIs") konzentriert man sich zunächst auf die weltweit operierenden Institute, deren Ausfall zu einer erheblichen Gefährdung des globalen Finanzsystems führen könnte (Abbildung 2). Der im November 2010 durch die G20-Staats- und Regierungschefs gebilligte Anforderungskatalog des FSB hierzu umfasst vier Punkte:

- SIFIs müssen eine höhere Fähigkeit aufweisen, Verluste zu tragen. Diese Anforderung umfasst auch einen Aufschlag auf die "normalen" regulatorischen Kapitalanforderungen.

- Die Staaten müssen besondere Abwicklungs- und Restrukturierungssysteme schaffen, die es erleichtern, SIFIs geordnet abzuwickeln (in Deutschland bereits geschehen).

- Finanzmarktstrukturen (zum Beispiel Zentrale Gegenparteien) sollen gestärkt werden, um etwaigen künftigen Finanzkrisen besser standzuhalten.

- SIFIs sollen einer intensiven laufenden Beaufsichtigung unterliegen.

Der Baseler Ausschuss trägt zur Erfüllung dieser Vorgaben bei und arbeitet an Methoden zur Identifizierung dieser Global-SIFIs und zur Festlegung der Kapitalzuschläge.

Das Verfahren zur Bestimmung der SIFIs startet mit einem rein quantitativen Modul. Mittels verschiedener Indikatoren werden Werte für die Parameter Größe, Globale Aktivität, Vernetztheit, Ersetzbarkeit und Komplexität ermittelt und hieraus ein sogenannter Scoringwert berechnet. Aufgrund der eingeschränkten Qualität der Daten und des eher einfachen Verfahrens wird für den nationalen Aufseher die Möglichkeit bestehen, dieses "mechanische Ergebnis" durch eine Ermessensentscheidung zu korrigieren. Eine solche Korrektur muss allerdings gut begründet werden und einem internationalen "Peer-Review"-Verfahren standhalten.

Bezüglich der Bestimmung der Höhe des Kapitalzuschlags wird es vermutlich ein abgestuftes System von Zuschlägen geben. Umstritten ist noch ein Anliegen, das vor allem von deutscher Seite vorgebracht wird. Dabei geht es um zusätzliche Maßnahmen, die der Begrenzung von systemischen Risiken dienen, etwa Großkreditbegrenzungen und Bankenabgaben, und bei der Festlegung der Kapitalzuschläge positiv angerechnet werden können sollten.

Was die Qualität des Kapitalzuschlags angeht, stehen nach den internationalen Vereinbarungen hartes Kernkapital und/oder Contingent Capital zur Diskussion. BaFin und Bundesbank treten dafür ein, dass Contingent Capital zur Abdeckung des SI-FI-Zuschlags genutzt werden kann. Andere Länder befürworten dagegen ausschließlich hartes Kernkapital.

Weitere wichtige Arbeitsschwerpunkte des Baseler Ausschusses

Abschließend ein Überblick zu den aktuellen Arbeiten des Baseler Ausschusses, die nicht unmittelbar mit dem Basel-III-Paket zu tun haben: Nach der Abschlusserklärung des Gipfels von Seoul soll es auf den Finanzmärkten künftig keine aufsichtsfreien Bereiche mehr geben. Der FSB hat eine Untergruppe eingesetzt, die Grundsätze zur Beaufsichtigung der Schattenbanken entwickeln soll. Auch der Baseler Ausschuss hat dieses Thema auf der Agenda, bisher wurden die Arbeiten aber noch nicht gestartet.

Wichtige Arbeitsschwerpunkte in der Zukunft sind darüber hinaus die Großkreditregeln und die Revision der Handelsbuchvorschriften. Großkreditrisiken haben beim Ausbruch der Finanzkrise eine wichtige Rolle gespielt, zum Beispiel durch die nur unzureichende Zusammenfassung der einzelnen Asset-Gesellschaften unter den Verbriefungsvehikeln oder die Rolle des Versicherungskonzerns AIG auf dem Markt für Kreditderivate. Konkret arbeitet der Baseler Ausschuss derzeit an zwei Aspekten dieses Themas: Zum einen sollen die qualitativen Richtlinien für Großkredite aus dem Jahre 1991 im Lichte der Erfahrungen in der Finanzkrise überarbeitet werden, zum anderen sind Großkreditregeln ausdrücklich Bestandteil des neuen Aufsichtsregimes für SIFIs, das der FSB zum Jahresende veröffentlichen will.

Zum Handelsbuch: Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Eigenmittelunterlegung nach den Basel-II-Regeln zu gering war. Die bisherigen Korrekturen waren eine unmittelbare Reaktion auf die Finanzkrise und mussten wegen der Eilbedürftigkeit der Reparaturarbeiten handwerklich sehr grob ausfallen. Nun will sich das Baseler Komitee die Zeit nehmen, über eine grundlegende Reform des Handelsbuchs nachzudenken.

Dabei werden auch fundamentale Schritte diskutiert, zum Beispiel die Aufgabe der Trennung von Bank- und Handelsbuch. Allerdings werfen diese Überlegungen auch schwerwiegende Probleme auf. Will man einheitliche Regen für die gesamte Bank einführen, stellen sich folgende Fragen:

- Sollen Eigenmittelanforderungen für Zinsänderungsrisiken, bislang nur im Handelsbuch unterlegt, künftig ganz entfallen oder auch im Bankbuch eingeführt werden?

- Wie verfährt man mit Risiken, die aus Shortpositionen erwachsen?

- In welchen Bereichen will man Modellansätze akzeptieren?

Entscheidet man sich für die Beibehaltung der beiden Bücher, muss versucht werden, die bekannten Schwächen zu reduzieren:

- Eine Verbesserung der Abgrenzung muss die Arbitrage zwischen den Büchern erschweren.

- Die Anerkennung der Modelle sollte sich auf Bereiche beschränken, in denen sie ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben.

- Im Zweifel sollte man zu Standardmethoden greifen, wobei man die vorhandenen Ansätze einer Überprüfung unterziehen muss.

- Eine Anreizstruktur zugunsten anspruchsvoller Risikomodelle ist auch weiterhin zu begrüßen. Allerdings ist zu prüfen, ob dieser Anreiz in Form von niedrigen Eigenmittelanforderungen in einigen Fällen nicht zu stark ausgefallen ist.

Implementierung von Basel III

Abschließend einige kurze Aspekte zur Implementierung von Basel III: Die Einführung von Basel III stellt für die Banken ohne Zweifel eine Herausforderung dar. Schließlich wird der Bestand an hartem Kernkapital nahezu halbiert, während die entsprechenden Anforderungen (einschließlich des Kapitalerhaltungspuffers) von zwei auf sieben Prozent steigen. In der Übergangsphase sind zudem noch einige wichtige Kalibrierungsfragen zu beantworten; insbesondere, was die Liquiditätskennziffern und die Leverage Ratio angeht. Um die hierzu erforderliche Datenbasis aufzubauen, werden wir unsere Auswirkungsstudie auf halbjährlicher Basis fortsetzen. Es ist zu begrüßen, dass sich eine repräsentative Auswahl von kleineren, mittleren und großen Instituten bereitgefunden hat, an diesem Projekt mitzuwirken; diesen Instituten möchte ich für ihre Unterstützung ausdrücklich danken. Dies wird es den deutschen Vertretern in Basel ermöglichen, auf fundierter Basis an sachgerechten Lösungen für die noch offenen Fragen mitzuarbeiten.

Der Autor legt ausschließlich seine persönliche Meinung dar.

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors anlässlich des Bundesbank Symposiums "Bankenaufsicht im Dialog" am 17. Mai 2011 in Frankfurt. Die Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt worden.

Fußnote

1) Contingent Capital: Fremdkapital der Bank, das bei Unterschreiten von Mindestkapitalanforderungen auf Verlangen des Kreditinstituts in hartes Kernkapital gewandelt oder abgeschrieben wird.

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