Gespräch des Tages

Bankenaufsicht - Klimawandel willkommen

Wer neu in einem Amt ist, tut gut daran, in den ersten Wochen und Monaten bestimmt und selbstbewusst, aber nicht unnötig forsch aufzutreten. Denn es gilt, im eigenen Haus und im gesamten Wirkungsbereich erst einmal die Strukturen und die handelnden Personen kennen zu lernen und sich nicht gleich durch festgefahrene Positionen Spielräume für die künftige Sacharbeit zu nehmen. In diesem Sinne hat sich die neue Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei ihren ersten öffentlichen Auftritten klug verhalten. Denn sowohl bei der Amtsübergabe als auch bei ihrer ersten offiziellen Rede vor Journalisten hat sie zwar klare Vorstellungen von den Notwendigkeiten zukünftiger Regulierung der Finanzbranche beziehungsweise der Schattenbanken formuliert, ist aber nicht der Versuchung erl egen, der neuen europäischen Konstellation der Finanzaufsicht, die im Prinzip im Verlauf ihrer Tätigkeit ein durchaus erhebliches Reibungspotenzial darstellen kann, unnötig distanziert gegenüberzutreten.

Im Gegenteil, die BaFin-Präsidentin hat mit Blick auf die Versicherungsaufsicht EIOPA, die Wertpapieraufsicht ESMA und selbst die so vielgescholtene Bankenaufsicht EBA erst einmal Milde walten lassen und gewisse Anlaufschwierigkeiten auf den notwendigen Blitzstart und das Fehlen jeglicher Schonzeit zurückgeführt. Dass etwa der EBA-Stresstest im vergangenen Jahr - bei aller Sinnhaftigkeit - "prozedural nicht rundgelaufen ist", muss in London unter all den Anfeindungen der vergangenen Monate aus Bankenkreisen und der Politik fast schon wie ein Friedensangebot klingen. Es liegt sicherlich nicht zuletzt an ihren Erfahrungen im International Accounting Standards Board (IASB), dass Elke König sich mit solchen weichen Formulierungen die Möglichkeit offen gelassen hat, mit den drei europäischen Aufsichtsbehörden konstruktiv zusammenzuarbeiten und möglichst schon bei der Entstehung künftiger Leitlinien eine mitgestaltende Funktion zu übernehmen.

Genau das ist übrigens ein Ansatz, den sich auch die großen deutschen Bankenverbände auf die Fahnen geschrieben haben. Je besser es gelingt, die eigenen Überlegungen, Anregungen und auch Bedenken schon in der Gestaltungsphase europäischer Regelungen einzubringen, desto größer ist naturgemäß die Akzeptanz im Inland und umso geräuschloser funktioniert die Umsetzung. An der personellen Ausstattung der BaFin sollen solche guten Vorsätze zumindest weniger scheitern als bisher. Denn im Haushalt für das laufende Jahr wurden 30 neue Stellen genehmigt, die die neue Präsidentin vornehmlich dafür nutzen will, Aufgaben auf dem europäischen und globalen Regulierungsparkett wahrzunehmen.

Aus London kommen derweil neue Töne. So hat die EBA Medienberichte über die Einschätzung der Rekapitalisierungspläne der europäischen Banken als spekulativ eingestuft und auf eine offizielle Stellungnahme nach dem Board Meeting verwiesen. Ob dies ein Signal für eine nachhaltig bessere Zusammenarbeit ist, wird der künftige Umgang miteinander zeigen, beispielsweise bei den vielen anstehenden technischen Standards. Bei aller Offenheit für eine konstruktive Kooperation mit der EBA und den anderen europäischen und außereuropäischen Aufsichtsbehörden, hat Elke König auch versprochen, den berechtigten Interessen der deutschen Finanzwirtschaft Rechnung zu tragen und hat dafür gewisse Spielräume für die nationalen Aufseher eingefordert. In diesem Sinne wird sich immer wieder erweisen müssen, ob ihr Bekenntnis zu einer Aufsicht mit Augenmaß und einer internationalen Regulierung mit Augenmaß eher mit den oder gegen die europäischen Aufsichtsbehörden beziehungsweise eher mit oder gegen die hiesige Finanzindustrie durchgesetzt werden muss.

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