Immobilien an der Börse

Mieter als Testimonial

Mieter werben Mieter. Längst ist dies auch in der Wohnungswirtschaft ein geübtes Vertriebsinstrument. Schließlich ist nichts so wirkungsvoll und so billig wie die Mund-zu-Mund-Propaganda. Trotzdem müssen auch große Vermieter mit visuellen Kampagnen auf sich aufmerksam machen. In der Regel langweilen dann professionell posierende Models mit vermeintlich flotten Sprüche in sterilen Designer-Lofts den Betrachter und potenziellen Kunden.

Dem wollte die Gewoba etwas Authentischeres entgegensetzen. Unter dem Motto "Das ist mein Zuhause" startet die Bremer Wohnungsbaugesellschaft eine neue Imagekampagne. Dazu gewähren echte Mieter des Unternehmens einen Blick in ihre Wohnung.

Dazu hat die Werbe- und Ideenagentur Zum goldenen Hirschen aus Hamburg zehn verschiedene Motive entwickelt, auf denen sich die einzelnen Zielgruppen - junge und ältere Paare, Familien, alleinerziehende Mütter und Singles - wiederfinden. Seit Anfang April werden die Plakate in Bremen und Bremerhaven aufgehängt und Anzeigen in den Lokalzeitungen geschaltet.

Zwar hatte die Gewoba auch schon in früheren Kampagnen mit Wohnungen aus ihrem Bestand geworben, doch kamen dabei überwiegend professionelle Models zum Einsatz. Mit dem neuen Konzept will das Unternehmen in seiner Werbung weg vom Monolog über sich selbst und seine Dienstleistungen. Stattdessen soll das Image der Quartiere verbessert und Vorurteile über den Wohnstandard bei Bremens kommunaler Gesellschaft ausgeräumt werden. Echte Mieter und ihre Aussagen über ihre Wohnungen und Nachbarschaften seien hierfür glaubwürdigere Botschafter als professionelle Models, glaubt das Unternehmen.

Ende 2012 hatte das Unternehmen seine 40 000 Mieterhaushalte über Plakatmedien in den Quartieren, in der Mieterzeitung und mittels Flyern und Postern im Hauseingang zum "Casting" aufgerufen. Anschließend wurden rund 20 Bewerber ausgewählt, besucht und interviewt. Mit zehn Mieterhaushalten gab es schließlich ein professionelles Fotoshooting und als Aufwandsentschädigung eine kleine Gage.

Grundsätzlich passt die neue Gewoba-Kampagne in eine Zeit, in der per Facebook, Twitter und Co. Privatpersonen ohnehin freiwillig Einblicke in ihr Leben und ihr persönliches Umfeld geben. Deshalb ist die Idee nicht grundsätzlich neu und in anderen Branchen längst erprobt.

Dabei zeigt sich aber auch hier wieder, dass der Anspruch, eine reale Lebenswelt zu zeigen, mit dem Ehrgeiz der Hochglanzfotografie kollidiert. Zwar wirken die Protagonisten echt und sind es offenkundig sogar, doch werden sie in ihrem Wohnumfeld derart professionell drapiert, dass doch wieder an der Authentizität gezweifelt werden kann. Aber auch das liegt wohl im Auge des Betrachters. L.H.

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