H5000 - Lehren aus der Störung

Swantje Benkelberg, Quelle: Fritz Knapp Verlag

Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, welche Relevanz das bargeldlose Bezahlen auch im deutschen Alltag mittlerweile erreicht hat, dann hat ihn die Störung bei Kartenterminals des Typs H5000 von Verifone im Mai geliefert. Dass diese am 24. Mai aufgetretene und bei Redaktionsschluss dieser Zeitschrift noch nicht beendete Störung mehr als eine Woche lang an den betroffenen Geräten jegliche Kartenzahlung unmöglich machte, hat es bundesweit in die Berichterstattung der Medien geschafft. Dass viele Redaktionen das Thema erst mit einem gewissen Zeitverzug aufgegriffen haben, darf dabei als gutes Zeichen gewertet werden: Kurzfristige Störungen technischer Systeme jedweder Art kommen schließlich immer wieder einmal vor, das gesteht man der Anbieterseite zu. Erst wenn es so lange dauert wie dieses Mal, ist es eine Berichterstattung wert.

Nach rund einer Woche schossen die Gerüchte dafür ins Kraut, umso mehr, als es von Verifone keinerlei Kommunikation gab. Erst nach einer Woche, als nach Angaben von Verifone ein Software-Update für die betroffenen Terminals bereitstand, meldete sich das Unternehmen mit einer Klarstellung zu Wort. Die Probleme stünden (anders als wiederholt berichtet) weder mit dem Ablauf eines Zertifikats noch einer Sicherheitslücke in Zusammenhang. Vielmehr handele es sich um eine Fehlfunktion in der H5000-Software. "Eines der beobachteten H5000 Fehlerbilder" sei, dass das Terminal "betriebsbereit" anzeige, aber kontaktbehaftete Kreditkarten- und Girocard-Transaktionen nicht verarbeitet würden, während bestimmte Kontaktlostransaktionen sowie ELV noch möglich seien. Es schloss sich der Hinweis an, das Lastschriftverfahren temporär über den Netzbetrieb aktivieren zu lassen. Ein solcher Hinweis hätte vielleicht eher kommen können.

Die Acquirer und Netzbetreiber konnten derweil nicht sehr viel mehr tun, als ihre Kunden auf eine baldige Lösung vertrösten - und die Geräte auszutauschen, wie es vor allem Telecash forciert hat (siehe Marktnotizen). Welche regulatorischen oder aufsichtsrechtlichen Konsequenzen die Störung möglicherweise noch haben wird, bleibt abzuwarten.

Ohne Kartenzahlung kein Cash-Back

Noch "vor Corona" wäre ein Ausfall solchen Ausmaßes zwar ein Ärgernis gewesen, aber vielleicht kein so großes Problem wie heute. Viele Menschen hätten ohne weiteres auf Bargeld zurückgegriffen. Doch da Bargeld mittlerweile von immer weniger Menschen genutzt wird, hat längst nicht mehr jeder Kunde genügend Scheine und Münzen im Portemonnaie - erst recht nicht angesichts der kräftigen Preissteigerungen, die schon einen ordentlichen Bargeldvorrat erfordern, um etwa einen Wocheneinkauf bezahlen zu können.

Erschwerend kommt die deutlich gestiegene Bedeutung des Einzelhandels bei der Bargeldversorgung hinzu. Wo nicht per Karte bezahlt werden kann, dort gibt es auch kein Cash-Back. Und das kann im ländlichen Raum, wo Kreditinstitute, die Filialen geschlossen und/oder Geldautomaten abgebaut haben, ihre Kunden auf die Bargeldversorgung im Einzelhandel verwiesen haben, durchaus zum Problem werden. Gut möglich, dass diese Erfahrung zu einer Neubewertung des kreditwirtschaftlichen Versorgungsauftrags führen wird. Das muss allerdings nicht zwingend ein Geldautomat sein. Sondern die Institute können auch auf andere Lösungen zurückgreifen, die ebenfalls am PoS verfügbar sind, jedoch kein Terminal benötigen. Die Bargeldversorgung kann beispielsweise per Viacash (früher Barzahlen) erfolgen. Denn dabei stößt der Kunde die Transaktion auf seinem Smartphone an. An der Kasse muss nur ein Barcode eingescannt werden.

Beim bargeldlosen Bezahlen breiter aufstellen

Auch das bargeldlose Bezahlen funktioniert Strichcodebasiert, etwa bei Blue code, oder auch mit QR-Codes. So hat die ZIIB Zahlungssysteme GmbH, die Terminalstörung umgehend genutzt, um für ihr QR-Codebasiertes Bezahlverfahren Pay with Charlie zu werben. Und dann ist da eben auch noch das ELV-Verfahren, das zwar seine Tücken in Sachen Sicherheit hat, der Unterschrift wegen auch weniger schnell ist, aber doch offenbar in Zeiten technischer Störungen bisweilen eine Alternative bieten kann. Händler, die daran festgehalten haben, werden sich nun bestätigt fühlen.

Der Vorfall hat also eines gelehrt: So gut das Girocard-System oder die internationalen Karten-Schemes auch sein mögen, hat doch die Dominanz des Chipbeziehungsweise NFC-gestützten Bezahlens zu Abhängigkeiten geführt. Dermaßen massive Störungen wie die aktuelle mögen selten sein. Dennoch täte die Kreditwirtschaft gut daran, sich beim bargeldlosen Bezahlen breiter aufzustellen, um die Abhängigkeit von einer bestimmten Technologie zu verringern. Auch bei der Bargeldversorgung sollte die Kreditwirtschaft sich nicht zu sehr auf das Girocardbasierte Cash-Back-Verfahren verlassen - vor allem dort nicht, wo sie ihre eigene Bargeldinfrastruktur zurückfährt. Vor allem Sparkassen mit ihrem Versorgungsauftrag tun gut daran, auf weitere Optionen zu setzen - im Notfall aber auch einmal Bargeld zu den Menschen zu bringen. Da noch immer nicht jeder über ein Smartphone verfügt, um solche Optionen zu nutzen, ist das auch ein Gebot der Barrierefreiheit.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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