Branchentrends 2015

Die Biometrie wird salonfähig

Bild 7

Drei wesentliche Trends macht Tobias Schreyer für die Entwicklung des Zahlungsverkehrs im laufenden Jahr aus: Der Trend zu E-Geld-Konten mit Prepaid-Karten wird zunehmen. Biometrische Authentifikationsverfahren sind auf dem Vormarsch und beim Mobile Payment beginnt sich die Spreu vom Weizen zu trennen. Entscheidend für den Markterfolg sind dabei nicht nur Anwenderfreundlichkeit und Sicherheit, sondern auch die Investitionskosten für die Akzeptanzseite. Red.

Der technologische Fortschritt hat in den letzten Jahren zahlreiche neue Trends im Payment-Bereich hervorgebracht. 2014 war bereits eine zunehmende Bewegung hin zu einer bargeldlosen Gesellschaft zu beobachten. Und die Branche passt sich fortlaufend an, um mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Themen wie Mobile Marketing, Mobile Commerce und Omnichannel Payment sind mit der weiterhin steigenden Anzahl mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets auch in diesem Jahr Dauerbrenner. Das konventionelle Privatkundengeschäft von Banken hingegen wird 2015 einen weiteren Rückgang erfahren.

Digitale Dienstleistungen wie E-Geld-Konten einschließlich der damit verknüpften Debit- und Prepaid-Karten werden als Alternative zum traditionellen Girokonto immer beliebter, und zwar überall auf der Welt.

Trend zu E-Geld-Konten

2015 wird es einen weiter beschleunigten Trend zum E-Geld-Konto geben, durch den sich die aktuell bevorzugten Online-Bezahlmethoden wie Kreditkarte und Paypal aufgrund einer größeren Vielfalt an Online- und mobilen Zahloptionen neu positionieren müssen. Diese neuen Zahlverfahren tragen nicht nur den Veränderungen im deutschen Bankenmarkt Rechnung, sondern kommen auch den Zahlungsvorlieben von Kunden außerhalb Deutschlands entgegen, die Waren von deutschen Online-Händlern kaufen möchten.

Da Bankkunden stets kürzere Bearbeitungszeiten und eine vereinfachte Nutzung rund um die Uhr erwarten, werden sie mehr und mehr auf E-Geld-Konten setzen. Diese vereinen die Vorzüge eines herkömmlichen Bankkontos mit besserem Datenschutz, geringeren Gebühren, schnelleren Reaktionen und effizienten Verbraucherschnittstellen.

Im Zuge der Umbrüche im Payment-Bereich haben E-Geld-Konten mit verknüpften Prepaid-Karten einen Aufschwung erlebt und werden einen neuen Kundenkreis erobern. Es ist davon auszugehen, dass Prepaid-Karten schnell breite Akzeptanz finden und sich als nützliche Alternative zu herkömmlichen Kredit- und Debitkarten erweisen. Da Kunden mit einer Prepaid-Karte zudem mehr Kontrolle über ihre Ausgaben haben, wird sich diese zu einer wichtigen Bezahlmethode für den Durchschnittsverbraucher entwickeln. Auch für Unternehmen bietet sie Vorteile, beispielsweise als sicheres Zahlverfahren für Gehaltsüberweisungen und - in Form einer Firmen-Prepaid-Karte - als Zahlungsmittel für die Mitarbeiter.

Die wachsende Beliebtheit von Prepaid-Karten mit angeschlossenem E-Geld-Konto ist ein Indikator für einen generellen Wandel im Bankensektor. Kunden verwalten ihr Vermögen zunehmend online. Ihre Anforderungen an die persönliche Interaktion mit Mitarbeitern der Finanzdienstleister nehmen ab, weshalb auch die Anzahl der Bankniederlassungen in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen ist. Herkömmliche Banking-Interaktionen werden auf lange Sicht größtenteils überflüssig werden.

Biometrie auf dem Vormarsch

Laut einer Umfrage des Payment-Anbieters World Pay wünschen sich bereits 49 Prozent der europäischen Verbraucher biometrische Autorisierungsverfahren für Bezahltechnologien.1) Dabei profitieren auch die Kreditinstitute: 2013 betrug die Verlustrate durch Kartenbetrug allein in Deutschland 116 Millionen Euro, so eine Statistik von Euro Kartensysteme, einer Einrichtung der Deutschen Kreditwirtschaft.2) Die Nutzung von biometrischen Daten für die Identitätsverifizierung ist daher zweifellos im Sinne der Banken.

In einem neuen Versuch, Passwörter durch sicherere Verfahren zu ersetzen, plant zum Beispiel die Barclays-Bank, bei ihrem Banking-Dienst für Smartphones sowohl Stimmerkennung als auch biometrische Fingervenenscanner einzuführen. Das Stimmerkennungssystem identifiziert Kunden anhand ihrer Sprechmuster. Zunächst wird es den Kunden von Barclays Wealth angeboten und Anfang 2015 dann auch den übrigen der zwölf Millionen Barclays-Kunden.

Mit der Einführung von Apple Pay auf biometrisch autorisierbarer Hardware 2014 wurde ein Meilenstein gelegt, den andere Anbieter mittelfristig übernehmen werden. Dabei ist nicht nur an Fingerabdruck-Leser wie bei den i-Phones und i-Pads zu denken, auch an Iris-Scan über die hochauflösenden Smartphone-Kameras oder Stimmerkennung.

Neue Bezahltrends entwickeln sich stets parallel zum technologischen Fortschritt, egal ob mobile Bezahlarten, biometrische Verfahren, Zahlungen über soziale Medien oder Systeme wie Bitcoin. Unternehmen müssen mit den Markttrends Schritt halten und eine größtmögliche Bandbreite an Optionen anbieten. Wenn sie es schaffen, die Kundenbedürfnisse zu erfüllen, wird sich das wiederum positiv auf ihr Geschäft auswirken.

Auch in Sachen Mobile Payment wird sich 2015 einiges weiterentwickeln. Bereits im vergangenen Jahr startete Apple in den USA seinen Bezahldienst Apple Pay, der in diesem Jahr auch nach Europa kommen soll. Zwar ist der Dienst an die aktuellen i-Phones und die neuesten i-Pad-Modelle geknüpft, Signalwirkung hat er trotzdem.

Gesamte Branche unter Anpassungsdruck

Dank Near-Field-Communication-Technologie (NFC) und eingebautem Fingerabdruckscanner kann der Nutzer schnell und einfach per Smartphone bezahlen, ohne dass er eine PIN eingeben oder eine Unterschrift leisten muss. Es reicht aus, das Gerät nahe an ein Kassenterminal zu halten und den Finger auf den Home-Button des i-Phones zu legen. Wenn biometrische Verfahren auf diese Weise salonfähig werden, könnte das auch die weitere Akzeptanz von E-Geld und mobiler Zahlung rasant steigern.

Die geplante Einführung neuer mobiler Bezahlmethoden wird die gesamte Payment-Branche unter Anpassungsdruck setzen. Händler sollten damit rechnen, dass Kunden die neuen mobilen Bezahlmethoden schnell annehmen werden. Deshalb gilt es, sich auf die Payment-Wünsche der Kunden vorzubereiten und die eigene Infrastruktur entsprechend anzupassen.

Mobile Payment: Investitionskosten entscheidend

Entscheidend dafür, welche Technologie sich im Bereich Mobile Payment durchsetzen wird, werden nicht nur Anwenderfreundlichkeit und Sicherheitsaspekte sein, sondern auch die erforderlichen Investitionskosten für Händler. Schließlich bedeutet die flächendeckende Um- beziehungsweise Aufrüstung von Kassen am Point of Sale mit der entsprechenden Hard- und Software enormen Aufwand.

Abgesehen von der Funktionalität hat hier also dasjenige Verfahren die besten Chancen, das mit den geringsten Investitionskosten für die Anpassung der Infrastruktur auskommen wird oder vorhandene Schnittstellen auf innovative Weise ausnutzen kann.

Für Händler kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Je mehr die Grenzen zwischen stationärem und Online-Handel verschwimmen, desto weniger sind Kunden bereit, kanalspezifische Einschränkungen beim Bezahlen zu akzeptieren. Solche Hindernisse werfen Fragen auf: Warum kann ich online per Rechnung zahlen, aber im Geschäft vor Ort nicht? Wieso kann ich den Rabatt-Coupon aus dem Werbeprospekt nur im Laden einlösen, aber nicht, wenn ich zuvor im Internet per Click-and-Collect bestellt habe?

Kanalübergreifende Bezahlmöglichkeiten unverzichtbar

Ein einheitliches Einkaufserlebnis mit konsistenten Bezahlmöglichkeiten, egal welcher Kanal genutzt wird, ist in Zukunft unverzichtbar, wenn Händler ihre Kunden langfristig binden möchten.

Dabei spielt nicht zuletzt die Bandbreite der angebotenen Zahlungsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle, wobei die Präferenzen in puncto Zahlarten sich von Land zu Land unterscheiden. Händler, die international tätig sind, müssen die lokalen Bezahlgewohnheiten berücksichtigen, wenn sie grenzüberschreitend erfolgreich sein wollen.

Denn auch wenn das Bezahlen über mobile Geräte in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt: In allerspätestens zehn Jahren wird das alltägliche Bezahlen via Smartphone, Smartwatch oder anderen intelligenten Devices genauso selbstverständlich sein wie es das heute mit EC- oder Kreditkarte ist.

Fußnoten:

1) http://www.pymnts.com/uncategorized/2013/europeanseager-to-use-biometric-payments/#.VBZ85Rb4Zt4

2) http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/anleger-und-verbraucherrecht/europavergleich-kartenbetruegerauf-wanderschaft/10361756.html#

Zum Autor

Tobias Schreyer, Chief Commercial Officer, PPRO Group, London

Noch keine Bewertungen vorhanden


X