BEZAHLVERHALTEN

Doch nur ein Strohfeuer?

Nur jeder Vierte will auch in Zukunft seltener bar zahlen Quelle: Glory/Kantar
Nur jeder Vierte will auch in Zukunft seltener bar zahlen Quelle: Glory/Kantar

 

Die Payment-Branche ist euphorisch: Seit dem Ausbruch von Covid-19 in Deutschland entwickelt sich das bargeldlose Bezahlen stürmisch wie nie. Die Umfragen, die einen direkten Zusammenhang mit der Pandemie belegen, sind inzwischen Legion. Sie alle bestätigen das, was jeder Einzelne beim täglichen Einkauf an der Kasse beobachten kann: Die Barzahlung ist seltener geworden, Bezahlsituationen, in denen Kassenpersonal auf einen Mindesteinkaufsbetrag für die Kartenzahlung verweist, kommen kaum noch vor.

Wichtiger als das momentane Bild ist jedoch die Frage, wie nachhaltig dieser Trend weg vom Bargeld hin zum digitalen Bezahlen ist. Viele Studien deuten darauf hin, dass Verbraucher auch nach der Krise an ihrem jetzt veränderten Bezahlverhalten festhalten wollen. Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt der Glory Cash Report 2020, für den Kantar im Auftrag von Glory im Juli dieses Jahres 1 051 deutsche Internetnutzer im Alter zwischen 16 und 64 Jahren zu ihrem Zahlungsverhalten befragt hat, kommt zum gegenteiligen Ergebnis und prognostiziert, dass die Verhaltensänderungen nur vorübergehend sein werden.

47 Prozent der für die Studie Befragten gehen davon aus, nach der Corona-Krise ihr Zahlungsverhalten wieder an die Zeit davor anzugleichen. Nur 16 Prozent erwarten, dass sie dann weniger häufig mit Bargeld bezahlen werden als zuvor. Doppelt so viele halten es hingegen für wahrscheinlich, dass sie nach der Krise Bargeld sogar häufiger nutzen werden als zuvor. Insgesamt planen 41 Prozent der Befragten, nach der Pandemie wieder bevorzugt bar zu bezahlen. Gegenüber der Zeit vor Covid-19 wäre das allerdings immer noch ein Rückgang um 8 Prozentpunkte.

Besonders hoch ist der Anteil der Bargeldrückkehrer bei den jungen Befragten im Alter von 16 bis 24 Jahren. Dieses vielleicht erstaunliche Ergebnis erklärt die Studie damit, dass diese Altersgruppe ihr Bezahlverhalten in der Krise am stärksten verändert hat (73 Prozent gegenüber 63 Prozent aller Befragten), weil sie stärker als der Rest der Bevölkerung von einer hohen Ansteckungsgefahr durch Bargeld ausgeht (32 gegenüber 25 Prozent).

So einig sich die diversen Studien dieser Tage bezüglich des Status quo beim Bezahlverhalten auch sind - der Widerspruch bei den Prognosen legt ein wenig den Verdacht nahe, dass der Auftraggeber der Umfragen ein Stück weit die Tendenz bei den Ergebnissen bestimmt. Lässt die Kreditwirtschaft fragen, dann kommt ein nachhaltig beschleunigter Trend weg vom Bargeld heraus, beim Spezialisten für Bargeldmanagementlösungen zeigt die Tendenz in Richtung Rückkehr zum Bargeld. Ohnehin sind die Erwartungen der Befragten zu ihrem künftigen Bezahlverhalten mit Vorsicht zu genießen. Wie sich dieses in Zukunft entwickelt, wird vermutlich von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängen. Einer davon wird die Dauer der Pandemie sein. Je länger die Furcht vor Ansteckung beim Bezahlvorgang andauert, umso mehr werden sich auch vormalige Bargeld-Verfechter an das bargeldlose Zahlen gewöhnen und vielleicht auch künftig dabei bleiben. Denn der Mensch ist nun einmal ein Gewohnheitstier. Insofern ist die Zeit an dieser Stelle aufseiten der Payment-Branche.

Ein anderer Punkt sind die Händler selbst: Wenn 41 Prozent der Befragten angegeben, deshalb mit Karte zu zahlen, weil sie vom Händler darum gebeten werden, dann wird es ganz entscheidend sein, wie der Handel sich in dieser Hinsicht in Zukunft verhalten wird. Auch hier könnte die Dauer der Pandemie eine Rolle spielen, weil sie Händlern die Datenbasis liefert, um die Kosten von Bargeld und Karte gegenüberstellen zu können. Wo dieser Vergleich pro Karte ausgeht, dürften Händler auch in Zukunft weiter für das bargeldlose Bezahlen werben - wenn auch "nach Corona" möglicherweise nicht mit dem gleichen Erfolg wie unter dem Eindruck drohender Ansteckungsgefahr. Red.

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