LESERBRIEF

Geldbörsen wird es immer geben

Dr. Ewald Judt, Foto: Studio Tilley

Geldbörsen - wie auch immer ausgestaltet - wird es immer geben. Es gibt sie, seit es Bargeld gibt und es wird sie - so wie es ausschaut - mit Münzen und Scheinen gefüllt noch lange geben: die "echte" Geldbörse. Denn die Menschen wollen - aus welchen Gründen immer - "echtes" Bargeld" bei sich haben.

Die "elektronischen Geldbörsen" gab es nur über eine kurze Zeitspanne von rund zwei Jahrzehnten. Die Redaktion von "Karten-cards-cartes" hat in Heft 1/2022 gefunden, dass der Abschied davon gut ist, da sie sich "überlebt" haben. Das führt zur Frage, ob sie eigentlich echt "gelebt" haben. Diese Frage kann man angesichts des von den Proponenten der Geldkarte, von Quick (Österreich) und Cash (Schweiz), angestrebten Erfolgs verneinen.

Warum wollte man dieses Produkt in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einführen? Die Gründe sind einfach aufzuzählen: Das bargeldlose Zahlen nahm zwar schon damals zu, aber es fehlte ein Produkt für Klein- und Kleinstbeträge. Dafür herrschte eine Abneigung bei den Akzeptanten, da bei den konventionellen Debit- und Kreditkarten via Zahlungsterminal immer eine Cardholder Verification (PIN) und eine Transaktionsautorisierung notwendig war.

Die "elektronische Geldbörse" löste dieses Problem, da der Zahlungsbetrag ohne weitere Abfrage ohne Zeitverzug von ihr abgebucht wurde. Positiv für den Akzeptanten war auch, dass für derartige Zahlungen keine gesonderten Telekommunikationskosten anfielen und die Kondition für die "elektronische Geldbörse" je Transaktion in der Regel günstiger war als die Kondition von Debit- und Kreditkarten.

Warum hat dieses Produkt dennoch nicht den Erfolg erzielt, der für ein "Überleben" gereicht hätte? Das Problem lag am Anfang bei der erstmaligen und allen späteren Kartenausgaben der Debitkarte mit der "elektronischen Geldbörse". Seitens der Bankberatung wurde nichts oder zu wenig unternommen, um die Kunden - insbesondere bei den erwähnten Gelegenheiten - auf dieses Produkt hinzuweisen und es zu erläutern (und zwar vor allem zu "Ladung vor Zahlung"). Auch wurde seitens des Bankmarketings diesem Produkt kaum jene Aufmerksamkeit gewidmet, die ein neues Produkt benötigt.

So nutzte nur ein Bruchteil der Inhaber einer "elektronischen Geldbörse" dieses Produkt, wenn sie eine Debitkarte zum Zahlen gezückt hatten. Hinzu kam, dass der Vorteil für die Akzeptanten in Form rasch niedriger gewordenen Telekommunikationskosten drastisch zurückging.

Die Todesstöße waren das Kommen von kontaktlosen Debit- und Kreditkarten-Transaktionen sowie jener für Kleinbetragszahlungen ohne PIN, was den Vorteil der rascheren Transaktion mit einer "elektronischen Geldbörse" sowohl für die Akzeptanten als auch die Zahler zunichte machte. So gesehen, haben sich die "besseren" Features für Kartentransaktionen durchgesetzt. Diese "elektronische Geldbörse" hat tatsächlich nur kurz "gelebt".

Die Krypto-Geldbörse gibt es jetzt schon und wird es vor allem künftig geben. Denn das Bedürfnis, abseits der "echten" Geldbörsen Bargeld mit sich zu führen, ist nach der Einstellung der "elektronischen Geldbörsen" nicht verschwunden. So kann zum Beispiel ein Handy mit einer App zu einer Wallet für Krypto-Geld, zu einer Krypto-Geldbörse, werden, die zum Empfangen, Speichern und Ausgeben von Krypto-Geld geeignet ist. Damit ist auch ein Transfer von Krypto-Geldbörse zu Krypto-Geldbörse möglich, was Zahlungen für Waren und Dienstleistungen von Wallet zu Wallet einschließt.

Das heißt aber nicht unbedingt, dass der Krypto-Geldbörse als anonymes Zahlungsmittel eine große Zukunft bevorstehen muss, da es Bestrebungen gibt, diese zumindest indirekt einzufangen und zu regulieren.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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