MÄRKTE

Unterschiedlicher Handlungsbedarf in der Mobilitätsbranche

Je mehr das bargeldlose Bezahlen im Einzelhandel zum Standard wird, umso mehr treten Bereiche in den Vordergrund, in denen es Nachhol- oder Innovationsbedarf beim Payment gibt. Das gilt vor allem für die Mobilität.

An den Tankstellen ist bargeldloses Bezahlen seit langem Standard. Um es den Kunden noch bequemer zu machen, setzen viele Ketten aber inzwischen zusätzlich zu den bestehenden Möglichkeiten auf Mobile-Payment-Lösungen für das Bezahlen direkt an der Zapfsäule. So gab zuletzt die Deutsche Tamoil GmbH bekannt, ab Juni dieses Jahres an rund 350 HEM-Tankstellen in Deutschland Bluecode Pay@Pump anzubieten.

Während Kooperationen wie diese Innovation auf eher hohem Niveau darstellen, geht es beim ÖPNV tatsächlich noch um die Basis - das Zurückdrängen des Bargelds. Hierbei setzen große Verkehrsunternehmen und Verbünde zunehmend auf die eigene App, mit der sich neben dem Bargeld zugleich der Papierfahrschein aus dem Automaten digital ersetzen lässt. Allerdings kommt die Branche hier offenbar nur mäßig voran, wofür es eine Reihe von Gründen gibt. Dazu gehören Vorbehalte gegenüber dem elektronischen Ticket (was, wenn beispielsweise der Akku des Smartphones leer ist?) sowie Datenschutzbedenken. Zudem eignet sich der App-basierte Ansatz im ÖPNV für nur gelegentliche Nutzer oder gar Auswärtige eher schlecht. Auch im Einzelhandel will der Kunde schließlich nicht für jedes Geschäft, in dem er einkauft, eine eigene App installieren.

Die Automaten werden die ÖPNV-Unternehmen somit nicht so schnell abschaffen können. Um hier zumindest die Barzahlungen zurückdrängen oder abschaffen zu können, setzen die einen konsequent auf kontaktloses Bezahlen per physischer oder virtueller Karte, andere auf Prepaid-Karten. Im Grunde ist das die gleiche Entwicklung, die es in den vergangenen Jahren in Fußballstadien gab - die Entscheidung für ein geschlossenes oder offenes Bezahlsystem. In den Stadien ist diese Entscheidung weitgehend zugunsten offener Systeme gefallen, wobei die Problematik bei Eintracht Frankfurt nach der Insolvenz des Stadionkarten-Dienstleisters die Entwicklung nur beschleunigt haben dürfte.

Im ÖPNV ist die Sachlage insofern anders, als hier eine Lösung her muss, die auch für Menschen ohne Zahlungskarte verfügbar ist. Allein auf kontaktloses Bezahlen zu setzen, wäre insofern keine Option, wie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Rundfunkbeiträge zeigt. Für diese Kunden bleibt im Grunde nur die Prepaid-Karte als Alternative zum Bargeld. Die allein selig machende Lösung kann sie freilich auch nicht sein - allein schon deshalb, weil Auswärtige oder Wenignutzer des ÖPNV im Bedarfsfall vermutlich nicht über eine solche Karte verfügen und nicht jederzeit und überall eine Vertriebs- und Aufladestelle bereit ist. Kartenakzeptanz braucht es am Automaten deshalb parallel.

Bei den Ladesäulen für Elektrofahrzeuge wiederum geht die Entwicklung genau in die umgekehrte Richtung wie an den klassischen Tankstellen. Appbasierte Lösungen zum Bezahlen der Strom-Tankladung herrschen bislang vor. Mit der neuen Ladesäulenverordnung müssen diese proprietären Lösungen jedoch ab dem kommenden Jahr an allen neuen Ladesäulen durch Kartenleser ergänzt werden. Im perspektivisch vermutlich stark wachsenden Markt der E-Ladesäulen schlummert also einiges Potenzial für Kreditwirtschaft und Payment-Dienstleister. Die Deutsche Bank hat hier mit der Anfang Mai bekannt gegebenen Kooperation mit der Msu Solutions GmbH einen gar nicht so kleinen Fuß in der Tür. Denn Msu verwaltet in ihrer Cloud-Plattform für E-Ladesäulen "m8mit" bereits zehn Prozent der öffentlichen und halböffentlichen E-Ladesäulen in Deutschland, die von Stadtwerken, Energieversorgern und zunehmend auch von Wohnungsunternehmen und Unternehmen betrieben werden. Bisher ist dort das Bezahlen per SMS oder Paypal möglich, künftig nun auch per Girocard. Red.

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