Leitartikel

Aufholjagd für Paywave

sb - Beim kontaktlosen Zahlen ist Visa in Deutschland eindeutig im Hintertreffen. Man kann einen Markt nicht mit einer Flut von Neuerungen gleichzeitig überrennen, so die Erkenntnis, als der Wettbewerb mit seinen Lösungen startete. Und hier hatte V-Pay erst einmal Priorität. Nun aber (18 Millionen V-Pay-Karten sind am Markt und auch die Akzeptanz, die lange an der schleppenden EMV-Umstellung der Terminals scheiterte, kommt in Schwung) haben Ottmar Bloching und sein Team das Rennen aufgenommen. Rund 500 000 Paywave Karten, ausgegeben von BW-Bank, Comdirect, DKB, Landesbank Berlin, Postbank, Targobank und Volkswagen Bank, waren zum Jahresende 2012 am Markt, weitere 1,5 Millionen sollen 2013 folgen. Bei den Akzeptanzstellen werden noch keine Zahlen veröffentlicht - hier ist noch viel zu tun, gibt Bloching zu: "Karten und Terminals sind am Markt - jetzt beginnt die harte operative Arbeit." So formulierte er es auf der Jahrespressekonferenz von Visa Europe Mitte Januar.

Dass es bei der Akzeptanz noch schleppend vorangeht, liegt nicht zuletzt an der geringen Zahl der verfügbaren Terminals. Mit gerade einmal drei zertifizierten Geräten lässt sich der Markt nicht im Eilschritt aufrollen. Doch auch hier ist Bewegung zu verzeichnen. Seit November 2012 hat Concardis das Artema Hybrid von Verifone für Paywave zertifiziert und damit das meistverbreitete Terminal für bargeldlose Zahlungen in Deutschland. Das ist sicher keine schlechte Basis, um bei der Akzeptanz voranzukommen. Orlen Deutschland, die Douglas-Gruppe mit all ihren Marken und Taxi Frankfurt sind schon dabei. Und das bestätigt die Erwartung: Wer sich für das eine Kontaktlos-Verfahren öffnet, der wird in der Regel Girogo, Paypass und Paywave gleichermaßen akzeptieren. Denn nur dann ist die Investition in die neue Technik sinnvoll. Das starke Engagement der S-Finanzgruppe in Sachen Girogo lässt sich von Visa also durchaus als Wegbereitung nutzen. Die Kartenorganisation geradezu als Trittbrettfahrer zu bezeichnen, ginge aber zweifellos zu weit. Denn auch Visa hat seine Hausaufgaben gemacht und eine gesonderte Kontaktlos-Interchange eingeführt - die aber vielleicht noch ein bisschen nachgebessert werden muss. Mit 0,5 Prozent zuzüglich 0,015 Euro bei Transaktionen bis fünf Euro und 0,5 Prozent zuzüglich 0,03 Euro bei Beträgen darüber und bis 25 Euro ist der Konditionenabstand nicht nur zu Girogo, sondern auch zu Paypass (0,29 Prozent zuzüglich 0,03 Euro für innerdeutsche Transaktionen) möglicherweise doch noch zu groß.

Auf der Emittentenseite wird Paywave mit den ganz auf Girogo setzenden Sparkassen auf absehbare Zeit ein großer Brocken des deutschen Marktes fehlen. Und der Markt ist noch lange nicht so weit, dass der Kunde das kontaktlose Zahlen auch auf Reisen nicht mehr missen will. Solange es aber keine spürbare Nachfrage der Kunden nach einem internationalen Kontaktlos-Verfahren auf den Kreditkarten gibt, mit dem sie dann auch im Ausland kontaktlos zahlen können, wird es für Visa schwer werden, bei den Sparkassen einen Fuß in die Tür zu bekommen. Auch das könnte sich aber ändern - und sei es nur, weil die Erfahrung, die Kunden anderer Banken im Ausland mit dem andernorts sehr viel selbstverständlicheren kontaktlosen Zahlen sammeln können, auch dem heimischen Girogo auf die Beine helfen kann.

Und nicht zuletzt: Auf Anfragen aus dem Markt hin ist eine Implementierung von Paywave auf dem Seccos-Chip in Arbeit. Damit wird es auch für solche Sparkassen, die vom Erfolg von Girogo vielleicht weniger überzeugt sind, technisch möglich, auf Paywave zu setzen. Eine erste Bresche in die Sparkassen-Finanzgruppe ist ja bereits geschlagen: Die LBBW hat die deutschen Olympia-Teilnehmer in London mit Paywave-Karten ausgestattet und zumindest angekündigt, weitere Karten herausgeben zu wollen. Und die Landesbank Berlin war zum Jahresende 2011 sogar der erste deutsche Visa-Emittent, der das Bezahlen mit Paywave und dem i-Phone einführte.

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