FACTORING

Factoring mit starkem Aufwärtstrend

Marktüberblick 2021

Uni.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Universität zu Köln

2021 war für die Factoring-Branche trotz der Coronakrise ein Jahr des Aufschwungs. Mit einem Gesamtvolumen von rund 320 Milliarden Euro verzeichnete die Branche einen neuen Höchststand, was einem Umsatzplus von knapp elf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die mittelständischen Unternehmen haben deutlich zugelegt und der Handel war erneut Spitzenreiter bei den Umsätzen. Auch die Factoring-Quote hat mit 8,8 Prozent einen neuen Rekord verzeichnet. Im europäischen Vergleich lagen die Entwicklungen in Deutschland jedoch weiterhin unter dem Durchschnitt. (Red.)

Auch das Jahr 2021 wurde durch die Coronapandemie beherrscht. Trotz Lockdowns und massiver Störungen der Lieferketten konnte sich allerdings die Volkswirtschaft von dem massiven Einbruch des Vorjahres erholen und mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,9 Prozent nominal beziehungsweise um 2,9 Prozent preisbereinigt an den Wachstumspfad vergangener Jahre anknüpfen.

Der Factoring-Umsatz konnte von der wirtschaftlichen Erholung profitieren und nach einem bescheidenen Wachstum im Jahr 2020 einen deutlichen Zuwachs von 10,8 Prozent verzeichnen. Das Gesamtvolumen des Factoring-Umsatzes der im Deutschen Factoring-Verband e. V. (DFV) sowie im Bundesverband Factoring für den Mittelstand e. V. (BFM) organisierten Anbieter erreichte mit circa 315 Milliarden Euro einen neuen Höchststand. Den beiden Factoring-Verbänden gehörten im vergangenen Jahr insgesamt 69 Factoring-Gesellschaften mit einem geschätzten Marktanteil von mehr als 98 Prozent an. Nimmt man die nicht in einem der beiden Verbände organisierten Gesellschaften hinzu, so dürfte der Gesamtumsatz der Factoring-Branche bei knapp 320 Milliarden Euro gelegen haben (Abbildung 1).

Abbildung 1: Umsatzentwicklung in der Factoring-Branche, Quelle: DFV, BFM

Abbildung 1: Umsatzentwicklung in der Factoring-Branche, Quelle: DFV, BFM

Factoring gewinnt an Bedeutung

In den letzten 13 Jahren ist der Factoring-Umsatz durchschnittlich jährlich um 8,8 Prozent gewachsen. In absoluten Zahlen ausgedrückt hat dieses beeindruckende Wachstum dazu geführt, dass 2008 zum ersten Mal die 100-Milliarden-Euro-Grenze, 2015 die 200-Milliarden-Euro-Grenze und nun nach weiteren sieben Jahren die 300-Milliarden-Euro-Grenze überschritten wurde, das heißt der Factoring-Umsatz hat sich innerhalb dieser Zeitspanne verdreifacht. Bemerkenswert ist, dass Factoring sowohl in wirtschaftlich guten wie auch in schwächeren Phasen an Bedeutung gewinnt. Allein der sich an die Finanzmarktkrise anschließende wirtschaftliche Einbruch im Jahr 2009 konnte das Wachstum der Factoring-Branche kurzfristig unterbrechen. In allen anderen Jahren hat Factoring zugelegt, selbst dann, wenn das Wirtschaftswachstum wie im Jahr 2020 negativ ausfiel.

Da der Factoring-Umsatz deutlich stärker gestiegen ist als das BIP, hat auch die Factoring-Quote, die sich aus der Relation beider Größen errechnet, erneut zugelegt. Sie ist auf 8,8 Prozent angestiegen und hat damit einen neuen Höchststand erreicht. Auch hier lohnt ein Blick auf die längerfristige Entwicklung (Abbildung 2): Die Factoring-Quote ist in den vergangenen 13 Jahren kontinuierlich angestiegen und hat sich gegenüber 2008 mehr als verdoppelt.

Abbildung 2: Entwicklung der Factoring-Quote, Quelle: DFV, BFM, Destatis

Abbildung 2: Entwicklung der Factoring-Quote, Quelle: DFV, BFM, Destatis

Europäischer Vergleich

Dennoch liegt die Factoring-Quote in Deutschland immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnittswert, der sich - Stand Juni 2021 - auf 11,4 Prozent verbessert hat (.1) Die Nutzung von Factoring in Deutschland folgt damit der Entwicklung in der EU allerdings auf niedrigerem Niveau. In fast allen europäischen Ländern ist das Factoring-Volumen stärker gestiegen als das BIP. Länder mit hoher Factoring-Quote wie Belgien, Frankreich und Italien konnten nach erheblichen Rückgängen des Factoring-Umsatzes im Vorjahr wieder deutlich zulegen, teilweise mit zweistelligen Zuwachsraten.

Deutschland ist mit einem Marktanteil von gut 15 Prozent nach Frankreich und Großbritannien der drittgrößte Factoring-Markt in Europa. (2) Damit ist das Wachstumspotenzial von Factoring vermutlich aber noch nicht ausgeschöpft.

Die Factoring-Quote in Deutschland liegt nämlich immer noch deutlich unter der Quote anderer europäischer Länder wie zum Beispiel Belgien (19,6 Prozent), Spanien (15,9 Prozent), Portugal (15,4 Prozent), Niederlande (14,9 Prozent), Frankreich (14,4 Prozent), Italien (14,0 Prozent) und Großbritannien (12,3 Prozent). (3)

Die wirtschaftliche Erholung nach den drastischen Einbußen infolge des Ausbruchs der Coronapandemie zeigt sich auch an den durchschnittlichen Forderungslaufzeiten. Diese sind - laut Angaben des DFV - nach einem vorübergehenden Anstieg im Jahr 2020 wieder deutlich gesunken, und zwar um 4,6 Tage. Sie betrugen im vorigen Jahr durchschnittlich 37,2 Tage. Dazu beigetragen hat vor allem das Inlandsgeschäft, dort verkürzte sich die durchschnittliche Laufzeit um mehr als sieben Tage und betrug 2021 nur 35,7 Tage. Zum Vergleich: EU-weit liegen die durchschnittlichen Forderungslaufzeiten regelmäßig deutlich über 60 Tage.

Zuwachs im internationalen Factoring

Nachdem in den letzten beiden Jahren das Umsatzvolumen im internationalen Factoring deutlich zurückgegangen war, konnte das internationale Geschäft im vergangenen Jahr wieder an die Wachstumsraten früherer Jahre anknüpfen. Das Umsatzvolumen im Export-Factoring legte um 27,9 Prozent zu und übertraf mit 82,8 Milliarden Euro den bisherigen Höchststand von 71,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2018 deutlich. Eine ähnlich hohe Zuwachsrate von 25 Prozent konnte das Import-Factoring vorweisen: In absoluten Zahlen bedeutet dies ein Zuwachs von 1,1 Milliarden Euro auf nunmehr 5,5 Milliarden Euro. Damit stiegen die Factoring-Umsätze im internationalen Geschäft deutlich stärker an als der Export und Import von Gütern und Dienstleistungen. Die Export-Factoring-Quote stieg von 5,4 Prozent im Jahr 2020 auf sechs Prozent im Jahr 2022 an, die Import-Factoring-Quote verbesserte sich ebenfalls leicht auf nunmehr 0,46 Prozent (Abbildung 3).

Abbildung 3: Entwicklung der Export- und Import-Factoring-Quote, Quelle: DFV, Destatis

Abbildung 3: Entwicklung der Export- und Import-Factoring-Quote, Quelle: DFV, Destatis

Charakteristisch für den deutschen Factoring-Markt ist, dass die Export-Factoring-Quote stets deutlich über der Import-Factoring-Quote liegt. Dies deutet darauf hin, dass nicht alleine das Volumen der Im- und Exporte für den Umsatz im internationalen Factoring-Geschäft entscheidend ist, sondern dass auch andere Faktoren hier eine Rolle spielen. Insbesondere ist die Absicherung der besonderen Ausfallrisiken, die mit dem grenzüberschreitenden Handel verbunden sind, ein wichtiges Motiv für den Forderungsverkauf. Aufgrund des Bonitätsgefälles zwischen Forderungen an inländischen und ausländischen Debitoren ist die Absicherung für Exporte dringlicher als die Absicherung von Forderungen aus Importen nach Deutschland.

Der Anteil des internationalen Factorings am Gesamtumsatz hat damit zwar noch nicht wieder den Höchststand aus dem Jahr 2018 erreicht; mit einem Anteil von 28 Prozent am Gesamtumsatz liegt der Anteil des grenzüberschreitenden Factorings weiterhin deutlich über dem europäischen Durchschnitt, der regelmäßig bei circa 20 Prozent liegt. Die Angaben zu den grenzüberschreitenden Factoring-Umsätzen beruhen auf den Meldungen der Mitglieder des DFV.

Die beiden wichtigsten Partnerregionen für das Export-Factoring sind nach Angaben des DFV - wie auch in den vorangegangenen Jahren - Osteuropa sowie Belgien, die Niederlande und Luxemburg (Benelux). Während der Factoring-Umsatz mit den Benelux-Staaten kräftig zulegte, gab es empfindliche Einbußen im Geschäft mit den osteuropäischen Staaten, obwohl die Exporte nach Polen, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner in Osteuropa, kräftig gestiegen sind. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen Österreich, die USA und Frankreich, die sich alle jeweils um einen Platz verbessern konnten. Demgegenüber fiel Großbritannien, das sich in den letzten Jahren trotz Brexit nach vorne hatte schieben können, um drei Plätze zurück und rangiert an sechster Stelle. Angesichts eines Rückgangs der Exporte um 2,6 Prozent ist diese Entwicklung nicht überraschend. Unverändert an siebter und achter Stelle rangieren die Schweiz und Italien. Die Factoring-Volumina im Geschäft mit beiden Staaten legten deutlich zu, was im Hinblick auf Italien angesichts einer Zunahme der Exporte um mehr als 24 Prozent nicht überrascht.

Kunden und Debitoren

Die Mitgliedsunternehmen des DFV melden für das Jahr 2021 einen leichten Rückgang der Kundenanzahl von 82 400 auf 80 000. Berücksichtigt man die Kunden der Mitgliedsunternehmen des BFM sowie die Kunden derjenigen Gesellschaften, die in keinem der beiden Factoring-Verbände organisiert sind, so dürften immer noch mehr als 90 000 Unternehmen und Selbstständige Factoring nutzen.

Die Anzahl der Debitoren, gegen die die Mitgliedsunternehmen des DFV offene Forderungen hatten, liegt mit zehn Millionen deutlich über den Vorjahreswerten. Dies ist jedoch vor allem auf den Meldefehler eines Mitgliedsunternehmens zurückzuführen. Die tatsächliche Anzahl der Debitoren dürfte weit höher sein, wenn man die Debitoren der Mitgliedsunternehmen des BFM sowie die Debitoren der im Gesundheitsbereich tätigen Gesellschaften, die überwiegend nicht in den Verbänden organisiert sind, hinzurechnet. Die Debitorenanzahl bei den einzelnen Mitgliedsunternehmen reicht von 80 bis über 2,1 Millionen Debitoren. So ist die Debitorenzahl im Business-to-Consumer- (B2C) und im Gesundheitssektor typischerweise sehr hoch, die durchschnittlichen Forderungsbeträge dagegen sind gering.

Bei Factoring-Unternehmen, deren Schwerpunkt im Big-Ticket-Geschäft liegt, ist es dagegen genau umgekehrt. Factoring wird von Unternehmen aller Größenklassen genutzt. Gemessen an der Anzahl der Factoring-Kunden machen die Unternehmen mit einem Factoring-Umsatz bis zu zehn Millionen Euro mit 94,5 Prozent den mit Abstand größten Anteil aus (Vorjahr 95,4 Prozent). Zum Umsatzsegment über 50 Millionen Euro gehören dagegen nur 1,7 Prozent der Factoring-Kunden (Vorjahr 1,4 Prozent). Dies belegt, dass Factoring nach wie vor ein wichtiges Instrument im Finanzierungsmix vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen ist. Dennoch dürfte - wie mehrere Befragungen in der Vergangenheit gezeigt haben - immer noch gelten, dass vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen zu wenig über den Einsatz von Factoring bekannt ist. Bei diesen Unternehmen gibt es offensichtlich noch ein großes Potenzial an Kunden, das es zu heben gilt.

Bezogen auf das Umsatzvolumen dominieren nach wie vor die großen Unternehmen, auch wenn deren Anteil seit Jahren kontinuierlich sinkt: Auf Kunden mit einem Factoring-Volumen von mehr als 50 Millionen Euro entfallen 46,7 Prozent (Vorjahr 50,5 Prozent) des gesamten Factoring-Umsatzes, die kleinen und mittelständischen Unternehmen bis zu einem Umsatzvolumen von zehn Millionen Euro kommen hier nahezu unverändert auf 28,5 Prozent (Vorjahr 28,8 Prozent). Deutlich zugelegt haben die Factoring-Umsätze mit Unternehmen im mittleren Größensegment, das heißt mit Umsätzen zwischen zehn und 50 Millionen Euro. Der Umsatzanteil in diesem Kundensegment stieg um 4,1 Prozentpunkte auf 24,8 Prozent. Auch dies belegt eindrucksvoll, dass Factoring immer stärker von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt wird. Diese Zahlen beruhen auf den Angaben des DFV.

Die Anzahl der Factoring-Anbieter ist in den letzten Jahren nur geringfügig gesunken, nachdem es Anfang des Jahrzehnts zu einem deutlichen Rückgang gekommen war. Dieser war zu einem großen Teil auf die Einbeziehung von Factoring-Unternehmen in eine eingeschränkte Bankenaufsicht zurückzuführen. Ende 2021 besaßen 175 Finanzdienstleistungsinstitute eine Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für Factoring, sechs weniger als Ende 2020. Verglichen mit 2009, dem ersten Jahr unter eingeschränkter Bankenaufsicht, hat die Anzahl der Factoring-Institute damit genau um 100 abgenommen, ein schleichender, aber doch kontinuierlicher Strukturwandel in der Factoring-Branche. Es ist davon auszugehen, dass der Trend zur Konsolidierung auch in der Zukunft anhalten wird. Neben der Digitalisierung wird diese Entwicklung zusätzlich noch durch regulatorische Verschärfungen befeuert, die kleine Anbieter meist überproportional belasten. Der Trend zu größeren Betriebseinheiten hat allerdings keinen Einfluss auf das Factoring-Volumen.

Full-Service-Factoring im Aufwind

Bei den Factoring-Arten hat - nach den Angaben des DFV - das Inhouse-Factoring seine dominierende Stellung gehalten, allerdings hat sich der seit Jahren zu beobachtende Trend rückläufiger Marktanteile verfestigt (Abbildung 4). Bezogen auf die drei Haupt-Factoring-Arten entfiel auf das Inhouse-Factoring ein Marktanteil von 63,2 Prozent gegenüber 64,4 Prozent im Vorjahr. Das Full-Service-Factoring konnte seinen Marktanteil im siebten Jahr in Folge weiter ausbauen und kam auf 26,7 Prozent (25,5 Prozent im Jahre 2019). Der zunehmende Marktanteil von Full-Service-Factoring ist wahrscheinlich die Folge einer verstärkten Nutzung von Factoring bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Diese nutzen Factoring auch dazu, das gesamte Debitorenmanagement an den Factor auszulagern. Das Fälligkeits-Factoring blieb mit einem Marktanteil von 10,1 Prozent stabil gegenüber dem Vorjahr.

Abbildung 4: Umsatzanteile der Factoring-Arten, Quelle: DFV

Abbildung 4: Umsatzanteile der Factoring-Arten, Quelle: DFV

Die Umsätze in den Factoring-Arten Reverse Factoring und B2C-Factoring spielen nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle. Das B2C-Factoring, das heißt der Verkauf von Forderungen von Unternehmen gegenüber privaten Konsumenten, erzielte einen Umsatz in Höhe von 8,5 Milliarden Euro und konnte damit um 18 Prozent zulegen. Das Reverse Factoring, bei dem der Abnehmer und nicht der Lieferant der Initiator des Forderungsverkaufs ist, blieb mit einem Umsatzvolumen von vier Milliarden Euro unverändert.

Handelsunternehmen als wichtigste Nutzer

Auch im Jahr 2021 waren Handel und Handelsvermittlung mit einigem Abstand Spitzenreiter bei den Factoring-Umsätzen. Der Anteil dieser Branche am Factoring-Umsatz blieb mit 20,5 Prozent nahezu unverändert (20,8 Prozent im Vorjahr). Aufgrund des hohen Warenumschlags ist der Lieferantenkredit für den Handelsbereich besonders gut geeignet, um die Zahlungsverpflichtungen aus den Verkaufserlösen der bezogenen Waren zu bestreiten. Entsprechend hoch ist der Anteil der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an der Bilanzsumme bei Handelsunternehmen. Dieser liegt bei Unternehmen des Großhandels und der Handelsvermittlung bei über 25 Prozent. (4) Der Forderungsverkauf stellt damit für diese Unternehmen ein wichtiges Instrument zur Finanzierung des Umlaufvermögens dar.

Deutlich zulegen konnte der Bereich Gesundheitswesen, auf den 16,6 Prozent des Factoring-Umsatzes entfielen (Vorjahr 14,4 Prozent). Die Dienstleistungen fielen mit einem deutlich geringeren Umsatzanteil von 6,8 Prozent (Vorjahr 8,2 Prozent) auf den vierten Platz zurück. Auf Platz drei rangierte Metallerzeugung und -verarbeitung mit einem ebenfalls rückläufigen Umsatzanteil von 7,1 Prozent (Vorjahr 7,7 Prozent). Den fünften Rangplatz teilten sich die Branchen Herstellung von Metallerzeugnissen/Maschinenbau und Elektronik/elektronische Bauelemente mit einem Umsatzanteil von je 5,8 Prozent. Während der Umsatzanteil in der Branche Herstellung von Metallerzeugnissen/Maschinenbau gegenüber dem Vorjahr rückläufig war, konnte der Bereich Elektronik/elektronische Bauelemente mit einem Zuwachs um 0,3 Prozent-Punkte vier Plätze gut machen.

Das Ernährungsgewerbe fiel mit einem auf 5,6 Prozent gesunkenen Umsatzanteil (Vorjahr 5,8 Prozent) auf den sechsten Platz zurück. Der Fahrzeugbau verlor im vergangenen Jahr weitere Umsatzanteile und erreichte nur noch einen Marktanteil von 5,2 Prozent (gegenüber 5,5 Prozent im Jahr 2020). Gegenüber dem Höchststand im Jahr 2015 hat der Fahrzeugbau damit genau acht Prozent-Punkte verloren. Ursache hierfür dürfte neben coronabedingten Lieferkettenproblemen auch der Strukturwandel in der Automobilindustrie sein. Einen spürbaren Rückgang gab es in der Branche Herstellung von chemischen Erzeugnissen. Dort sank der Umsatzanteil von 5,6 Prozent im Jahr 2020 auf 4,5 Prozent im Jahr 2021, dies bedeutet ein Abstieg um zwei Rangplätze (Abbildung 5). Die Zahlen basieren auf den Angaben der Mitgliedsinstitute des DFV.

Abbildung 5: Die wichtigsten Factoring-Branchen, Quelle: DFV

Abbildung 5: Die wichtigsten Factoring-Branchen, Quelle: DFV

Factoring-Branche als Arbeitgeber

Ende 2021 waren bei den dem DFV angehörenden Unternehmen 4 360 Personen beschäftigt, das sind gut fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Insgesamt dürften in der Factoring-Branche damit über 4 500 Mitarbeiter Beschäftigung finden. Der Personalbestand entwickelte sich bei den einzelnen Factoring-Unternehmen sehr unterschiedlich. Dies macht es schwierig, eine Ursache für den Personalabbau zu identifizieren. Nach wie vor arbeitet der Großteil der bei den Mitgliedsunternehmen des DFV Tätigen bei mittelgroßen Factoring-Gesellschaften mit 50 bis 250 Beschäftigten (42,86 Prozent gegenüber 46,5 Prozent im Vorjahr). Der zweitgrößte Anteil entfällt mit 23,81 Prozent (Vorjahr 20,9 Prozent) auf die Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern, gefolgt von den kleinen Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten, deren Anteil 21,43 Prozent (Vorjahr 23,2 Prozent) betrug. Auf große Factoring-Gesellschaften mit mehr als 250 Mitarbeiter entfallen nur 11,90 Prozent (Vorjahr 9,3 Prozent) der Beschäftigten.

Für die Zukunft ist mit einem steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu rechnen. Durch das sogenannte Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz wurde das Kreditwesengesetz in der Weise geändert, dass Factoring-Unternehmen durch mindestens zwei hauptamtliche Geschäftsleiter geführt werden müssen (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5). Aufgrund der umfangreichen Anforderungen, die die Regulierung an das Risikomanagement stellt, ändert sich auch das Anforderungsprofil an die Beschäftigten. Immer mehr werden Mitarbeiter gesucht, die mit den aufsichtlichen Vorgaben vertraut sind. Diese Suche gestaltet sich nach den Erfahrungen der Mitgliedsunternehmen des DFV zunehmend schwieriger.

Wirtschaftliche Entwicklung ungewiss

Standen die Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung letztes Jahr ganz im Zeichen der Unsicherheit über den Fortgang der Coronapandemie, so ist im Februar dieses Jahres mit dem Ukraine-Krieg eine neue Quelle der Unsicherheit, mit der bis vor Kurzem noch niemand gerechnet hat, hinzugekommen. Soweit sich Befragungen der Mitglieder durch die beiden Factoring-Verbände auf die Situation vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs beziehen, dürften diese mittlerweile als überholt gelten. Auf der Basis der vor Kriegsbeginn prognostizierten günstigen Wirtschaftsentwicklung erwarteten die Mitglieder der beiden Verbände ganz überwiegend eine positive oder sogar sehr positive Geschäftsentwicklung für 2022.

Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs haben die führenden Wirtschaftsinstitute die Prognosen über das Wirtschaftswachstum deutlich nach unten und die Inflationsprognosen ebenso drastisch nach oben korrigiert. Mittlerweile scheinen die Erwartungen sich etwas erholt zu haben, aber es verbleiben große Unsicherheiten über die weitere Entwicklung des kriegerischen Konflikts und über die Sicherheit der Energieversorgung. Hinzu kommt, dass auch die Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Coronakrise nicht geringer geworden sind. Die Hoffnung, dass mit zunehmendem Impffortschritt die Pandemie besiegt werden kann, hat sich nicht erfüllt. Wenn auch die coronabedingten Beschränkungen in Deutschland schrittweise aufgehoben werden, so gibt es doch nach wie vor empfindliche Störungen in den Lieferketten, verursacht vor allem durch die strikten Coronabeschränkungen in China. Ob diese Störungen in der zweiten Jahreshälfte nachlassen werden, ist mehr denn je ungewiss.

Der trotz Coronakrise positive Geschäftsverlauf der Factoring-Branche in den vergangenen zwei Jahren gibt allerdings Hoffnung, dass die Branche auch in diesem Jahr mit einem zumindest mäßigen Wachstum rechnen kann. In die gleiche Richtung gehen die aktuellen Rückmeldungen der Mitglieder des BFM. Da die direkte Betroffenheit von Kunden und Debitoren im Geschäft mit Russland und der Ukraine nur gering ist, werden aus diesem Konflikt keine gravierenden Auswirkungen befürchtet. Darüber hinaus hat die Vergangenheit gezeigt, dass Factoring in Krisenzeiten als stabilisierender Faktor von den Kunden geschätzt wird. Wie vergangene Umfragen gezeigt haben, sind viele kleine und mittelständische Unternehmen nach wie vor daran interessiert, die Finanzierungsquellen zu diversifizieren und die Abhängigkeit von der Hausbank zu lockern.

Factoring ist als Bestandteil des Finanzierungsmix besonders geeignet, weil es eine umsatzkongruente Finanzierung ermöglicht und neben der Finanzierungsfunktion zusätzlich einen Schutz vor Forderungsausfällen bietet. Diesem Aspekt dürfte in der Zukunft wieder größere Bedeutung zukommen. Nach dem Auslaufen der Sonderregelungen, die aufgrund der Coronakrise und für von der Hochwasserkatastrophe betroffene Unternehmen erlassen wurden, gab es jeweils einen deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. Dabei handelte es sich offensichtlich jeweils um Nachholeffekte, die nicht dauerhaft waren. Man darf gespannt sein, wie sich die Insolvenzzahlen in diesem Jahr entwickeln. Der deutliche Anstieg der Privatinsolvenzen im letzten Jahr hat auch Auswirkungen auf Handwerker und Freiberufler im Grenzbereich Business-to-Business und B2C. Insgesamt ist zu vermuten, dass der Bedarf an Risikoabsicherung und damit auch die Nachfrage nach Factoring ansteigen wird.

Ein weiterer Wachstumstreiber des Nominalvolumens der angekauften Forderungen ist die deutlich gestiegene Inflationsrate. Stark gestiegene Rohstoffpreise und Energiekosten erhöhen den Betrag der angekauften Rechnungen und zugleich den Liquiditätsbedarf der Unternehmen. Soweit diese Preissteigerungen nicht an die Kunden weitergegeben werden können, sinkt die Ertragskraft der Unternehmen, sodass auch aus diesem Effekt heraus das Motiv der Absicherung von Forderungsausfällen an Bedeutung gewinnen wird.

Das Thema "Green Finance", das heißt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Gestaltung von Finanzierungsbeziehungen, hat mittlerweile auch das Factoring erreicht. Unter dem Stichwort "Green Factoring" gehen erste Factoring-Anbieter dazu über, die Finanzierungskonditionen an die Einhaltung der sogenannten ESG-Kriterien zu knüpfen. Mit der Taxonomie-Verordnung hat die EU einen Rahmen geschaffen, der festlegt, was als nachhaltig angesehen wird. Die Diskussion um die Kernenergie hat allerdings gezeigt, dass es im Einzelfall hierzu durchaus kontroverse Ansichten gibt. Auch hier darf man gespannt sein, wie sich Factoring bei dem Thema "Green Finance" in der Zukunft positionieren wird.

Fußnoten

1) Vgl. EU Federation Factoring and Commercial Finance, Newsletter November 2021, Issue 21, S. 5.

2) Ebd.

3) Ebd.

4) Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 2012, Die Bedeutung von Handelskrediten für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland - Ergebnisse der Unternehmensabschlussstatistik, S. 56.

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing

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