Der beim Kunden durchsetzbare Preis ist für ein Unternehmen ein wesentlicher Treiber des monetären Erfolgs. Ob eine Preisveränderung akzeptiert wird, entscheidet allein der Kunde. Die mit dieser Fragestellung verbundene Zahlungsbereitschaft des Kunden erlangt damit eine erhebliche Bedeutung für die Profitabilität eines Unternehmens. Gleichsam ist eben diese Zahlungsbereitschaft kein manifester Wert, sondern ein latentes Konstrukt. Wenn auch zahlreiche Messmethoden der Zahlungsbereitschaft existieren, sind die Wirkungszusammenhänge vielfach noch nicht wissenschaftlich untersucht.
Der Autor geht in seiner Dissertationsschrift diesem Sachverhalt für das Firmenkundenkreditgeschäft von Banken nach und untersucht die Wirkungszusammenhänge ausgewählter Einflussfaktoren auf die Zahlungsbereitschaft von Firmenkunden bei der Inanspruchnahme eines Investitionskredits. Die Arbeit zielt darauf ab, drei wesentliche Fragestellungen zu beantworten. Zuerst sollen Wirkungszusammenhänge auf die Zahlungsbereitschaft identifiziert werden, die sich aufgrund theoretischer Überlegungen und empirischer Erkenntnisse als relevant für den gewählten Untersuchungskontext erweisen. Danach sollen die herrschenden Kräfte innerhalb dieser Wirkungszusammenhänge quantifiziert werden, um eine Bewertung der Kräfteverhältnisse ableiten zu können. Abschließend sollen aus den wissenschaftlich empirischen Erkenntnissen relevante Schlussfolgerungen für die Bankenpraxis gezogen werden.
Um eine Basis für die Untersuchung zu schaffen, führt der Autor im ersten Hauptteil zunächst eine Definition der Mehrpreisbereitschaft ein, die den spezifischen Besonderheiten des Kreditgeschäfts gerecht wird. Mit einer qualitativen Studie werden die Einflussfaktoren eingegrenzt. Damit wird die Basis für eine realitätsnahe Konzeptualisierung der mutmaßlich relevanten Einflussvariablen geschaffen.
Im zweiten Hauptteil wählt der Autor die Kaufabsichtsabfrage als Ausgangspunkt für die Operationalisierung der Mehrpreisbereitschaft. In Anlehnung an die bei DeShazo (2002) und Wertenbroch/Skiera (2002) beschriebenen iterativen Verfahren wird ein neuartiger Abfragemechanismus konzipiert, der in der Lage ist, die möglichen Verzerrungseffekte abzumildern und dem spezifischen Untersuchungskontext gerecht zu werden. Kern des Verfahrens ist es, dem Probanden verschiedene Angebotskonstellationen mit jeweils abweichenden Preisunterschieden iterativ vorzulegen. Durch die Tendenzaussage zugunsten des einen oder anderen Anbieters wird die tatsächliche Mehrpreisbereitschaft sukzessive eingegrenzt. Diese Operationalisierung bietet eine passende Lösung für Preisbereitschaftsabfragen in Fragestellungen, zu denen anreizkompatible Möglichkeiten nur unter unwirtschaftlich hohem Aufwand oder gar nicht möglich sind.
Bei der Überprüfung der insgesamt 16 Hypothesen mittels PLS-Strukturgleichungsmodellierung können lediglich zwei Hypothesen vollständig und eine Hypothese teilweise bestätigt werden. Die Ergebnisse (und ausbleibenden Signifikanzen) werden jedoch nachvollziehbar interpretiert und durch weitere Tests unterstützt.
Der dritte Hauptteil der Dissertationsschrift ist der Ergebnisinterpretation gewidmet. Die Mehrpreisbereitschaft ist ein in der Praxis nur schwierig zu greifendes und damit auch zu berücksichtigendes Konstrukt. Der Autor verdeutlicht jedoch unmittelbare Implikationen – dies betrifft insbesondere die Preisfindung. Die Vorteilhaftigkeit z. B. einer Premiumgegenüber einer Low-Cost-Strategie hängt maßgeblich von der Zahlungsbereitschaft ab und der Fähigkeit des Unternehmens, zahlungsbereitschaftsrelevante Mehrwerte kostengünstig zu erzeugen.
Diese Arbeit liefert interessante Ergebnisse im Rahmen der Erforschung der Mehrpreisbereitschaft. Der Verfasser zeigt, dass mit einer intensiven Auseinandersetzung mit nicht signifkanten Ergebnissen ebenfalls ein wissenschaftlicher Mehrwert verbunden ist. Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Anknüpfungspunkten für die weitere Forschung
wünsche ich der Arbeit eine weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis.