Finanzvertrieb

Die Bedeutung des strukturierten Vertriebs wird zunehmen

Der Finanzvertrieb in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Neben der Herabsetzung des Versorgungsniveaus der gesetzlichen Rente, steigender Inflation, fortschreitender Regulierung der Finanzbranche, der Schuldenkrise und Sorgen um die Euro-Stabilität spielt der demografische Wandel eine wichtige Rolle. So ist zum Beispiel die langfristige Finanzierbarkeit der deutschen Sozialversicherungssysteme nicht mehr gewährleistet.

Und während Baby-Boomer mehr Wert auf risikolose Einkommenssicherung legen, steigt der Bedarf der jungen Generation an Altersvorsorge-Produkten. Um sich diesen Herausforderungen erfolgreich stellen zu können, gilt es für die Finanzwirtschaft, die Qualität der (Finanz-)Produkte und die Güte der Beratungskompetenz weiter zu verbessern.

Schuldenkrise, Sorgen um die Euro-Stabilität, sinkendes Versorgungsniveau der gesetzlichen Rente, steigende Inflation und demografischer Wandel - kein Wunder, dass bei den Menschen die Verunsicherung und der Vertrauensverlust in die Politik wachsen. Und natürlich möchte niemand seine über Jahre oder gar Jahrzehnte gebildeten Vermögenswerte gefährdet sehen. So haben zum Beispiel die Diskussionen um die Stabilität des Euro Spuren hinterlassen.

Die Mehrheit der Deutschen sorgt sich um ihre Ersparnisse und ihre Altersversorgung, so die Ergebnisse des DIA-(Deutsches Institut für Altersvorsorge)-Deutschland-Trends zur Vorsorge zu Beginn dieses Jahres: Rund zwei Drittel der Erwerbstätigen zwischen 18 und 65 Jahren machen sich wegen der Eurokrise Sorgen um ihre Ersparnisse.

Besonders verunsichert zeigen sich dabei Haushalte mit niedrigem Einkommen und die über 45-Jährigen. Nur 18 Prozent der Befragten erwarten keine negativen Auswirkungen auf ihre persönliche Altersvorsorge. Trotzdem will mehr als die Hälfte ihr Anlageportfolio nicht verändern. Lediglich 17 Prozent überlegen, ihre Gelder umzuschichten und beispielsweise in Immobilien oder in Gold zu investieren. Darüber hinaus wollen dreimal mehr Befragte ihre Raten für die Altersversorgung erhöhen, statt sie zu reduzieren.

Keine ideale Bevölkerungsstruktur

Auch die demografische Entwicklung in Deutschland gibt Anlass zur Sorge. In der Bundesrepublik Deutschland ist seit 1972 die Sterberate höher als die Geburtenrate, insgesamt verliert Deutschland also an Bevölkerung. Dabei weicht die gegenwärtige Bevölkerungsstruktur schon lange von der idealen Vorstellung ab, die sich in Form der klassischen Bevölkerungspyramide darstellen lässt. Bei dem Ideal stellen die stärksten Jahrgänge die Kinder; die Anzahl der älteren Jahrgänge ist aufgrund der Sterblichkeit deutlich geringer. Heute ist der größte Anteil aller in Deutschland lebenden Personen im mittleren Alter, die Jüngeren und Älteren sind in der Unterzahl. Allerdings werden bis zum Jahr 2060 die stark besetzten mittleren Jahrgänge in der ehemaligen Pyramide weiter "nach oben rutschen" und von zahlenmäßig kleineren Anteilen mittelalter Personen ersetzt werden.

Vorsorgeberatung bleibt wichtig

Und noch ein Blick auf die Bevölkerung insgesamt: Aktuell leben etwa 82 Millionen Menschen in Deutschland, 2060 werden es voraussichtlich nur noch 65 bis 70 Millionen sein. Hinzu kommt, dass Deutschland besonders schnell altert. Darüber hinaus steigt die Lebenserwartung. Sie ist in Deutschland in den vergangenen 100 Jahren stetig gestiegen.

Aus all diesen skizzierten Herausforderungen und Entwicklungen ergeben sich natürlich auch Chancen für den Finanzvertrieb: Die private Vorsorge und Absicherung werden zukünftig noch wichtiger. Und dabei gilt: Je früher damit begonnen wird, desto günstiger sind die dafür aufzuwendenden Mittel.

Mittlerweile weiß fast jeder Deutsche, dass die private Altersvorsorge heutzutage unverzichtbar ist. Allerdings sind auch noch immer viele Kunden von der Produktvielfalt verunsichert. Noch längst nicht allen Sparern ist klar, was sich hinter Begriffen wie Riester- oder Rürup-Rente verbirgt. Darüber hinaus sind Lösungen der Altersversorgung individuell. Hier ist die Finanzindustrie gefordert, den Anlegern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Angesichts der sich stark zuspitzenden Überalterung der Gesellschaft in Deutschland ist die langfristige Finanzierbarkeit der deutschen Sozialversicherungssysteme längst nicht mehr gewährleistet. "Die Rente ist sicher" war gestern. Alle Sicherungssysteme in Deutschland - Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung - fußen auf dem gleichen Prinzip des Generationenvertrags, der folgendermaßen funktioniert: Alle Ausgaben an Alte, Kranke oder Pflegebedürftige finanzieren sich aus den laufenden Einnahmen der zumeist lohnabhängigen Beiträge, die bei der erwerbstätigen Generation am höchsten sind. Eine solche Umlagefinanzierung kann auf lange Sicht aber nur funktionieren, wenn viele junge Jahrgänge in ausreichender Zahl nachkommen. Schon seit Jahrzehnten ist dies nicht mehr so, schließlich bewegt sich die Geburtenrate seit mittlerweile mehr als 30 Jahren konstant auf einem niedrigen Niveau.

Darüber hinaus bringt auch die stark ansteigende Lebenserwartung einen weiteren Anstieg des Durchschnittsalters mit sich. Man spricht hier auch vom doppelten Alterungsprozess. Die Folgen dieses doppelten Alterungsprozesses für die gesetzliche Rentenversicherung sind offensichtlich. Schließlich wollen immer mehr Alte von immer weniger Jungen ihre Rente bezahlt bekommen.

Dieser Generationenvertrag kann aber nur so lange eingehalten werden, wie sich das Verhältnis der beiden Generationen in Balance befindet. Weil dies nicht mehr der Fall ist und auch nicht mehr der Fall sein wird, hat der Gesetzgeber darauf entsprechend reagiert und mit Riester-Vorsorge, Nachhaltigkeitsfaktor und Rente mit 67 versucht, das Gleichgewicht wiederherzustellen - eben über ein geringeres Leis tungsniveau. So müssen zukünftige Generationen nun mit einer geringeren Rente rechnen.

Dreigenerationenvertrag in der Krankenversicherung

Schaut man sich die altersspezifischen Beiträge und Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen an, sieht man, dass auch hier ein Generationenvertrag zur Finanzierung besteht - sogar ein sogenannter Dreigenerationenvertrag. Alle Generationen ab 15 Jahren zahlen zwar einen Beitrag, doch vor allem ältere Generationen erhalten Leistungen - im Schnitt ein Mehrfaches des Wertes ihrer Beiträge. Wie auch bei der Rentenversicherung finanzieren die Erwerbstätigen die Rentner. Mit dem Unterschied, dass auch die Allerjüngsten mitfinanziert werden.

Die Folgen des oben beschriebenen demografischen Wandels für diesen Dreigenerationenvertrag sind eindeutig: Die Gesundheitsversorgung von immer mehr Rentnern muss von immer weniger Erwerbstätigen finanziert werden - eben ganz so wie es bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Experten berechnen, dass dies allein zu einem Beitragssatzanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung von heute 15,5 Prozent auf mehr als 20 Prozent im Jahr 2050 führen würde.

Dazu kommt noch, dass, während die Renten gemäß der Rentenformel wachsen, die Preise im Gesundheitswesen über die letzten 40 Jahre im Schnitt schneller gestiegen sind als die Preise in der Gesamtwirtschaft. Schwerpunktmäßig kann man das dem medizinisch-technischen Fortschritt zuschreiben. Dies und eine stetige Ausdehnung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung - und somit steigende durchschnittliche Leistungsausgaben je Mitglied - könnten dazu führen, dass die Steigerung des allgemeinen Beitragssatzes nicht nur auf 20 Prozent, sondern über die nächsten 40 Jahre auf sogar 30 Prozent anwächst.

Ältere möchten ihren Wohlstand genießen

Neben dem demografischen Wandel und seinen Auswirkungen auf das Leben der Menschen und auf die Finanzwirtschaft gibt es weitere relevante Faktoren, die ein Finanzvertrieb im Auge behalten muss; zum Beispiel, dass die Baby-Boomer-Generation mit steigendem Alter zunehmend Wert auf eine risikolose Einkommenssicherung legen. Der Vermögensaufbau tritt für diese Generation in den Hintergrund.

Dazu kommt, dass sich Lebensstil, Investitionsverhalten und Lebensziele einer wachsenden Zahl älterer Menschen deutlich verändern. Zum Beispiel möchte diese Generation vor allem den erreichten Wohlstand genießen, statt Kapital zu binden und Vermögen zu vererben. Gleichzeitig wächst aber der Bedarf der jungen Generation an Produkten der Altersversorgung, bedingt durch die Veränderungen bei den sozialen Sicherungssystemen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber vermutlich auch in den nächsten Jahren regulatorisch in die Altersversorgung eingreifen wird, um - oft vermeintliche - Lücken im Verbraucherschutz zu schließen.

Veränderung in der Vertriebslandschaft

Die Vertriebslandschaft in Deutschland ist vergleichsweise heterogen. Dabei ist der Markt groß genug, sodass auch in Zukunft eine Reihe unterschiedlicher Vertriebskanäle nebeneinander agieren und auch funktionieren können. Doch ist die Branche gefordert, kontinuierlich darüber nachzudenken, ob und in welchem Umfang sich die Anteile der unterschiedlichen Vertriebswege am Gesamtmarkt verändern.

Die OVB geht davon aus, dass die Bedeutung des strukturierten Vertriebs in den nächsten zehn bis 20 Jahren weiter zunehmen wird - und dies absolut und auch relativ im Vergleich zu anderen Vertriebskanälen. Warum? Wegen der Systematik eines strukturierten Vertriebs, dessen strategischer Ausrichtung und eines Produktangebots über sämtliche Segmente hinweg. Dazu kommt die systembedingte überdurchschnittliche Motivation der Berater, auf deren Selbstständigkeit, Flexibilität, Kundennähe und außergewöhnliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten sehr viel Wert gelegt werden sollte.

Anpassungsfähigkeit der Branche gefragt

Veränderungen hat es in der Finanzbranche schon immer gegeben. Die derzeitigen Herausforderungen für den Vertrieb sind - wie bereits ausgeführt - der demografische Wandel, die Herabsetzung des Versorgungsniveaus bei der gesetzlichen Rente, die Furcht vor steigenden Inflationsraten, die fortschreitende Regulierung der Finanzbranche, die Schuldenkrise und die Sorge um die Euro-Stabilität. Daneben wird sich die Finanzwirtschaft künftig mit ihren Produkten den häufigen Veränderungen in Lebens- und Erwerbslebenssituationen anpassen müssen. Althergebrachte Standardprodukte passen hier dann häufig nicht mehr. Der Trend entwickelt sich eindeutig hin zu ganzheitlichen, flexiblen Lösungen.

Auch und gerade bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter sind das aktuelle Umfeld und die künftigen Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu berücksichtigen. So waren bei der Mitarbeitergewinnung in den siebziger und achtziger Jahren fast ausschließlich die Themen Geld und Einkommen wichtig. Das hat sich geändert: Heute gilt es, Mitarbeiter darüber hinaus zu motivieren, beispielsweise durch die Bekanntheit und das Ansehen des Unternehmens, die selbstständige Gestaltung der eigenen beruflichen Entwicklung, gute Aus- und Weiterbildung sowie die Möglichkeit, auch längerfristig im Unternehmen bleiben und konsequent die berufliche Entwicklung vorantreiben zu können.

All das sind Herausforderungen, denen sich die Branche momentan stellen muss. Auf die Fragen der Kunden, die sich dar aus ergeben, muss die Finanzindustrie verlässliche und nachhaltige Antworten haben. Darum werden in Zukunft zwei strategische Ansätze weiter an Bedeutung gewinnen: zum einen die Produktqualität, die den sich stetig verändernden Bedürfnissen der Kunden genau angepasst werden muss und Basis für Sicherheit, Rentabilität und Flexibilität ist. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist hier, mit starken, renommierten und leistungsfähigen Produktpartnern zu kooperieren.

Zum anderen sollte großer Wert auf die qualitativ hochwertige Beratungskompetenz der Mitarbeiter gelegt werden, im Hinblick auf die Verantwortung gegenüber den Kunden und auch, um die Vorgaben des Gesetzgebers zu erfüllen - oder sie sogar zu übertreffen. Letztlich sind heute und auch zukünftig Kundennähe sowie solide und ausgezeichnete Rundum-Finanzberatung und -betreuung relevant.

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